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Raus aus Hartz IV und zurück ins Berufsleben? Die Reintegration in den Arbeitsmarkt ist oft nicht leicht.

Andrea L?sel/Universit?t Bamberg

Welche Faktoren hierbei eine Rolle spielen, untersucht der Soziologe Mark Trappmann.

Hemmnisse beim Weg aus Hartz IV

Bamberger Soziologe forscht zum Thema Grundsicherung

Fast 4,5 Millionen. Das ist die Zahl der Menschen in Deutschland, die derzeit Arbeitslosengeld II, auch Hartz IV genannt, beziehen. Vielen Bezügeempf?ngern f?llt es schwer, in die Berufst?tigkeit zurückzukehren. Warum das so ist und wie die Lebenssituation der Personen, die Arbeitslosengeld II erhalten, aussieht, untersucht der Bamberger Soziologe Mark Trappmann.

2005 traten die Hartz-Reformen in Kraft und sorgten für erheblichen Wirbel. Seit Anfang 2015 gilt der Mindestlohn. Dazwischen bewirkten kleinere Reformen Ver?nderungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Um etwa eine Million ist die Zahl der Arbeitslosengeld II-Empf?ngerinnen und -Empf?nger in den vergangenen zehn Jahren gesunken. 4,5 Millionen betr?gt sie aktuell. Doch welche Hindernisse gibt es, die den Weg aus dem Leistungsbezug erschweren? Und wie sieht die Lebenssituation der Bezügeempf?ngerinnen und -empf?nger aus – etwa in sozialer und gesundheitlicher Hinsicht?

Daten erm?glichen vielf?ltige Forschungsprojekte

Fragen dieser Art kann Mark Trappmann beantworten. Trappmann ist Inhaber des Lehrstuhls für Soziologie, insbesondere Survey-Methodologie, an der Universit?t Bamberg. Hierbei handelt es sich um eine S-Professur, eine Sonderprofessur. Denn parallel arbeitet Trappmann am Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Dort leitet er das Panel ?Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ (PASS). Mit der gemeinsamen Besetzung von Bereichsleiterpositionen am IAB durch Universit?t und IAB kann universit?re und au?eruniversit?re Forschung besser verzahnt werden. Trappmanns Praxiserfahrungen kommen so beiden Seiten zugute, denn die Erkenntnisse, die er durch PASS erwirbt, flie?en unmittelbar in seine Lehr- und Forschungst?tigkeit an der Universit?t Bamberg ein. ?PASS ist eine gro? angelegte L?ngsschnittstudie, die sich mittlerweile in der neunten Erhebungswelle befindet“, so Trappmann und hat gleich ein paar Zahlen parat: 15.000 Personen werden im Rahmen der Studie j?hrlich interviewt – aus knapp 10.000 Haushalten.

Unter den Befragten sind überproportional viele Hartz-IV-Bezieherinnen und -Bezieher. ?Dadurch k?nnen wir vertiefende Analysen von Grundsicherungsempf?ngern vornehmen – immer im Vergleich mit der restlichen Wohnbev?lkerung“, erkl?rt Trappmann. In einstündigen Interviews erheben die rund 300 Interviewerinnen und Interviewer des Panels eine ganze Menge Daten. ?Auf Basis dieser Daten lassen sich dann die vielf?ltigsten Forschungsprojekte durchführen“, so Trappmann. ?Das gesamte Forschungsprogramm des Forschungsbereichs, den ich am IAB leite, baut auf den Daten des Panels auf.“

Sieben Hemmnisse erschweren den Weg aus dem Bezug

Mittels der PASS-Daten analysiert Trappmann beispielsweise, welche Faktoren den Weg aus dem Arbeitslosengeld II-Bezug erschweren. ?Unsere Untersuchungen konnten sieben Hemmnisse herausarbeiten“, so Trappmann. Fehlende Schul- und Berufsabschlüsse, ein h?heres Lebensalter, Einschr?nkungen der Gesundheit, fehlende Deutschkenntnisse, Betreuungspflichten durch die Erziehung von Kindern und die Pflege Angeh?riger sowie eine lange Dauer des Hilfebezugs. Besonders prek?r: Die Situation von Personen mit langer Bezugsdauer. ?Hier liegen meist mehrere Schwierigkeiten zugleich vor“, so Trappmann. ?Jede einzelne davon halbiert bereits die Wahrscheinlichkeit, dass der Weg aus der Hilfsbedürftigkeit gelingt.“

Informationen für das Arbeitsministerium

Die Erkenntnisse von Trappmann und seinen Kollegen am IAB sto?en auch au?erhalb der Wissenschaftsgemeinde auf Interesse – etwa beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. ?Wir liefern dem Ministerium die Informationen, die es als Grundlage für seine politischen Entscheidungen ben?tigt“, so Trappmann. Die Ergebnisse des Panels tauchen immer wieder in den Positionspapieren des Ministeriums auf. Ende vergangenen Jahres stellte Andrea Nahles ein Konzept zur Bek?mpfung von Langzeitarbeitslosigkeit vor. ?In ihrer Begründung stützte sie sich auf unsere Befunde zu Hemmnissen beim ?bergang in bedarfsdeckende Erwerbst?tigkeit“, so Trappmann. Ein Beispiel: Das von ihr initiierte 5-Punkte-Programm enth?lt zus?tzliche Aktivierungszentren, in denen die sieben Vermittlungshindernisse gezielt angegangen werden sollen.

Soziale Netzwerke schrumpfen bei andauernder Arbeitslosigkeit

Doch Trappmann untersucht nicht nur die Hemmnisse beim Weg aus dem Arbeitslosengeld II-Bezug. Die PASS-Daten erm?glichen es auch, Aussagen über die Lebenssituation von Arbeitslosengeld II-Bezieherinnen und -Beziehern zu treffen. So hat er in seinen Forschungsprojekten unter anderem herausgefunden, dass eine aktive Mitgliedschaft in Vereinen und anderen Organisationen ebenso wie Freundschaften mit Erwerbst?tigen und arbeitsuchbezogene soziale Unterstützung die Wahrscheinlichkeit erh?hen, wieder einen bedarfsdeckenden Job zu finden. Umso schlimmer ist es folglich, wenn mit der Dauer der Arbeitslosigkeit soziale Netzwerke schrumpfen und insbesondere die Zahl Erwerbst?tiger darin abnimmt, wie sich in einem neuen Projekt eines Mitarbeiters von Trappmann andeutet.

Ein weiteres Forschungsprojekt Trappmanns befasst sich mit der gesundheitlichen Situation der Bezügeempf?ngerinnen und -empf?nger. ?Arbeitslosengeld-II-Bezieher sch?tzen ihre mentale und k?rperliche Gesundheit schlechter ein als gleichaltrige Erwerbspersonen, die keine Grundsicherung erhalten“,  so die zentrale Feststellung Trappmanns. Dabei ist der Abstand zwischen den beiden Gruppen bei subjektiven Indikatoren wie etwa der Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit gr??er als bei objektiven Indikatoren wie dem Vorliegen einer amtlich anerkannten Behinderung.

?Ein Gewinn für alle“

?Die S-Professuren sind ein Gewinn für alle“, ist Trappmann überzeugt. In seinen Lehrveranstaltungen lernen die Studierenden, selbst standardisierte Erhebungen, sogenannte Surveys, zu konzipieren. Und auch Trappmann sch?tzt die Verbindung zur Universit?t sehr: ?Ich profitiere von der Vernetzung mit Forschern und bin nah dran am wissenschaftlichen Nachwuchs.“

Ansprechpartner für Rückfragen

Prof. Dr. Mark Trappmann
Lehrstuhl für Soziologie, insb. Survey-Methodologie
Feldkirchenstrasse 21
Telefon: 0951-863-2435
Telefon: 0951-863-2531 (Sekr.)
Mail: mark.trappmann(at)uni-bamberg.de

Hinweis

Diesen Text verfasste Andrea L?sel für die 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网stelle der Universit?t Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.

Bei Fragen oder Bilderwünschen kontaktieren Sie die 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网stelle bitte unter der Mailadresse medien(at)uni-bamberg.de oder Tel: 0951-863 1023.