Bis in den 38. Stock des UN-Geb?udes zu Kofi Annan haben es die UN-Jugenddelegierten Christina Apel (rechts) und Jan Martin Munz geschafft (Bild: UN Foto)

Apel und Munz auf dem UN-Gel?nde in New York (Bild: Jan Martin Munz)

Die Bamberger Studentin Christina Apel vertrat 2006 die Interessen deutscher Jugendlicher auf dem Parkett der Weltpolitik (Bild: privat)

- Martin Beyer

Von Bamberg in den Big Apple

Christina Apel vertrat 2006 die Interessen deutscher Jugendlicher als UN-Jugenddelegierte

Christina Apel pendelt zwischen kleinen St?dten und Metropolen, zwischen regionaler Provinz und internationaler Gr??e hin und her. Von Bamberg aus hat es sie in die gro?e weite Welt verschlagen – wenngleich dies alles andere als zuf?llig geschehen ist.

Nach ihrem Abitur in Bad Sooden-Allendorf ging die 25-J?hrige für ein halbes Jahr nach Malaysia und Australien, immer mit der Frage im Rucksack: ?Was soll ich jetzt eigentlich studieren?“ Die Antwort lautete dann: Soziologie. Und zwar in Bamberg. Der gute Ruf der Bamberger Universit?t sei ausschlaggebend gewesen – und der Rat einer Freundin, sie solle sich die Stadt an der Regnitz doch einfach einmal ansehen. ?Bamberg hat sehr viele Vorteile, gerade wenn man aus einem Land wie Australien kommt: Kurze Wege, man kennt sich, alles ist sehr überschaubar.“ Die Soziologie vereinbart Apels Interessen – Politik, Geschichte, Deutsch – wie kein anderes Studienfach. BWL hat sie im Nebenfach gew?hlt, um sich ?weiter zu erden“, wie sagt.

Doch den Grundstein für ihre Wahl zur UN-Delegierten hat Apel viel früher gelegt. Bereits mit sechzehn Jahren hat sie angefangen, sich in der Jugendarbeit zu engagieren, damals für die Kreisjugendf?rderung in ihrer Heimat in Nordhessen. Der Schwerpunkt lag in der Planung und Durchführung von Jugendfreizeiten im Sommer, zum Beispiel organisierte sie eine Reise auf die Nordseeinsel Pellworm. Apel lie? sich dann sp?ter als Jugendfreizeitbetreuerin ausbilden, mittlerweile unterrichtet sie selbst den Nachwuchs. ?Ich habe Blut geleckt und bin tapfer dabei geblieben“, sagt die engagierte Studentin, und sie hat ihren Wirkungskreis von Deutschland immer weiter ins europ?ische Ausland erweitert. Sich für eine politische Partei zu engagieren war für Apel indes immer weniger reizvoll als die konkrete Jugendarbeit. ?Je konkreter und praxisnaher es sein kann, desto besser!“

Internationale Jugendbegegnungen

Auch nach ihrem Studienbeginn in Bamberg hat sie 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 zu diversen Jugendorganisationen gehalten und ist als Ausbilderin t?tig gewesen. Im Rahmen von internationalen Jugendbegegnungen diskutierte sie mit Kroaten, Belgiern und Franzosen über die Belange von Jugendlichen in Europa: über mangelnde Ausbildungsm?glichkeiten, über Krieg und Frieden. ?Bei diesen Jugendbegegnungen bekommt man einen ganz anderen 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 zu Jugendlichen aus Europa, als wenn man nur als Tourist durch ihr Land reist. Man muss nur bereit sein, die eigenen Erfahrungen, das Pr?gende aus der eignen Jugend zu erz?hlen und sich zu ?ffnen.“

EuroMed hie? eines dieser internationalen Programme, organisiert von der Europ?ischen Kommission. 2005 war Christina Apel dann als Jugenddelegierte beim UNESCO-Jugendforum in Paris dabei. Hier trafen sich Vertreterinnen und Vertreter aus 130 L?ndern, um zu Beginn  der Generalversammlung der UNESCO Vorschl?ge für eine Verbesserung der Verh?ltnisse Jugendlicher einzureichen. An eine T?tigkeit als UN-Jugenddelegierte hatte Apel zu dieser Zeit noch nicht gedacht – aber ihre gesamten T?tigkeiten im nationalen und internationalen Bereich schufen ideale Voraussetzungen dafür, wie sich sp?ter herausstellen sollte.

Strenges Auswahlverfahren

Die Empfehlung der Vereinten Nationen an ihre Mitgliedsstaaten, Jugenddelegierte in ihre Delegationen aufzunehmen, besteht bereits seit 1981. Deutschland hat erst 2005 auf eine Initiative von Berliner Studierenden damit begonnen, ein solches Programm auf die Beine zu stellen. Der Grund, warum es so lange gedauert hat: ?In Deutschland scheiterte es sehr lange an der Information.“ Im Gegensatz zu einigen skandinavischen Staaten, die bereits seit den 1980er Jahren Jugenddelegierte haben, drang die Empfehlung der UN lange nicht in die deutsche ?ffentlichkeit. Auch die Finanzierung eines solchen Programms ist eine Hürde, die erst genommen werden musste.  Nachdem jetzt aber Tr?ger gefunden wurden und hinter den zwei Jugenddelegierten ein kleines Organisationsteam steht, das sich um die 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网arbeit und um Organisationsfragen kümmert, ist sich Christina Apel sicher, dass das Projekt bestand haben wird. Wichtig sei es, nicht nur in Deutschland die Strukturen weiter auszuarbeiten, denn insgesamt haben nur rund 20 von 192 Mitgliedsstaaten der UN Jugenddelegierte.

Das Auswahlverfahren war aufw?ndig. Zun?chst mussten Fragen beantwortet werden zur pers?nlichen Motivation, an diesem Programm teilzunehmen – zum Teil auf Deutsch, zum Teil auf Englisch. Generelle Anforderungen waren: Erfahrungen in der Jugendarbeit, ein starkes Interesse an der Arbeit der UN und natürlich eine ausgepr?gte kommunikative Aufgeschlossenheit, sprich die F?higkeit, auf andere Menschen zuzugehen. ?Es war in der Tat eine intensive Besch?ftigung mit den Inhalten der UN gefordert, ich habe eine gute Woche an der Bewerbung gesessen“, sagt Apel.

Danach ging es weiter mit einem Telefoninterview einige Wochen sp?ter. Das Gespr?ch lief ebenfalls zur H?lfte auf Englisch, zur anderen H?lfte auf Deutsch. Die letzte Stufe war ein Auswahltag in Berlin, der einem ausgefeilten Assessment-Centre glich: Rollenspiele, Diskussionen in der Gruppe, Gespr?che mit einem Psychologen und schlie?lich ein offizielles Vorstellungsgespr?ch, bei dem Vertreter der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, des Deutschen Nationalkomitees für internationale Jugendarbeit, dem Ausw?rtigen Amt und dem Bundesministerium für Frauen, Senioren, Familie und Jugend anwesen waren. Sechs Kandidaten hatten es in die Endrunde geschafft. Am Abend fiel dann die Entscheidung für Apel: ?Ich habe lange gebraucht, bis ich das realisiert hatte. Die Freude war da, aber dass sich so viel ?ndern würde, war mir nicht klar.“

Deutschlandtour

Mit dem Team in Berlin, das die Delegierten im Hintergrund unterstützt, wurde als erstes Projekt eine ausgedehnte Deutschlandtour organisiert. Auf vierzehn Stationen trafen sich Christina Apel und der zweite Jugenddelegierte Jan Martin Munz aus Tübingen mit Jugendlichen aus den unterschiedlichsten Milieus und diskutierten über Themen wie Bildung, Armut und AIDS. Auf die Frage, ob man bei diesen Begegnungen nicht nur die Jugendlichen trifft, die sich sowieso schon engagieren, erz?hlt Apel eine Anekdote aus Trier, wo es vor allem Hauptschüler waren, die sich an der Diskussion beteiligten. ?Das Entscheidende ist, dass man einen Draht zu den Jugendlichen findet, dass man das Eis brechen kann. Dann trauen sie sich auch, sich zu ?ffnen und ihre Meinung preiszugeben.“

Das Vorurteil, dass sich Jugendliche kaum noch eine eigene, zumal politische Meinung bilden würden, kann Apel nicht best?tigen. ?Auch wenn viele Jugendliche an ihren Zukunftschancen zweifeln, haben sie Interesse, sich zu informieren und ihre Meinung einzubringen, es kommt eben darauf an, wie man sie anspricht.“ Die Tournee durch Deutschland ging von M?rz bis September dieses Jahres, einige Veranstaltungen wurden vom Jungen UNO-Netzwerk oder von Hochschulgruppen initiiert, andere fanden in Schulen statt. Das Ziel war, rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei jeder Veranstaltung anzulocken, manchmal sind leider dennoch weniger Jugendliche gekommen. Ein gutes Konzept für die Zukunft sieht Apel darin, noch st?rker auf die Schulen zuzugehen. ?Das sind besondere Veranstaltungen, bei der nicht der gewohnte Lehrer spricht. Und bei denen man auch in 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 mit Jugendlichen kommt, die sich freiwillig nicht beteiligen würden.“ Insgesamt haben die beiden UN-Jugenddelegierten auf ihrer Tour etwa 500 Jugendliche getroffen und gesprochen.

Erlebnisse in New York

Die Ergebnisse ihrer Deutschlandtour haben Christina Apel und Jan Martin Munz mit nach New York auf die UN-Vollversammlung genommen. Neben vielen konkreten Vorschl?gen, die nur schwer weitergegeben werden konnten, zeichneten sich auch allgemeine Tendenzen ab. Vor allem das Thema Bildung stand immer wieder im Vordergrund. ?Wir haben eigentlich einen guten Zugang zur Bildung“, sagt Apel, ?aber unsere Herkunft bestimmt immer noch zu sehr den Weg, den man als Jugendlicher geht.“ Das betrifft genauso die Arbeitsplatzfrage. So h?rte sie bei ihren Gespr?chen oft die Frage von Hauptschülern: ?Welche Motivation habe ich eigentlich, in die Schule zu gehen und zu lernen, wenn ich sowieso keinen Ausbildungsplatz finde?“ Bei Akademikern ist der Konflikt, wenn freilich auf einer anderen Ebene, ganz ?hnlich, das betrifft vor allem die so genannte Generation Praktikum, die keine feste Anstellung findet. Aufgefallen ist Apel weiter, dass deutschen Jugendlichen  die Relativit?t ihrer Sorgen und N?te angesichts der Probleme vor allem in den afrikanischen Staaten sehr bewusst ist. Deshalb forderten sie die Jugenddelegierten konkret dazu auf, in New York bei anderen Staaten dafür zu werben, ebenfalls Jugendliche für dieses Amt auszuw?hlen.

Apel und Munz sind am 27. September für drei Wochen nach New York geflogen, beherbergt wurden sie etwas schlicht in einer Jugendherberge. Der H?hepunkt ihrer Arbeit in und um der UN-Vollversammlung war eine Rede, die sie vor dem 3. Ausschuss der UN, der sich unter anderen um Jugendproblematiken kümmert, halten durften. Dass sie diese Rede halten durften, war bis zu ihrer Ankunft in New York nicht klar, obwohl Apel und Munz lange dafür gek?mpft hatten. Dann gab es aber grünes Licht. Apel und Munz bekamen sieben Minuten Redezeit, um über die Themen, welche die Jugend im eigenen Land und weltweit besch?ftigen, zu referieren. Da sie nicht im Namen der Bundesregierung sprachen, sondern in ihrer Funktion als Jugenddelegierte, konnten sie offen über die Probleme Jugendlicher sprechen, unabh?ngig von der derzeitigen politischen Ausrichtung.

Die Rede wurde also genehmigt, am 3. Oktober sprachen Apel und Munz gemeinsam vor den Delegierten im 3. Ausschuss, für Apel eine grandiose Erfahrung. Die beiden deutschen Jugenddelegierten w?hlten, getreu den Ergebnissen ihrer Deutschlandtour, Bildung als ihr Hauptthema. ?Bildung ist für Jugendliche wichtig, um ihr Potenzial zu entfalten. Es müssen allerdings in vielen L?ndern erst die Basisvoraussetzungen geschaffen werden.“ Apel und Munz stellten die konkrete Forderung, in Bildung zu investieren und nicht in Rüstung und die so genannten Millennium-Entwicklungsziele der UN umzusetzen. Das betrifft vor allem die Bek?mpfung der extremen Armut, eine Grundschulbildung für alle sowie eine Verst?rkung der HIV-Aufkl?rung. Als sich die Nervosit?t w?hrend der Rede gelegt hatte, war es für Apel erfreulich zu erfahren, dass sich die hektische Betriebsamkeit im Sitzungssaal legte und die Delegierten wirklich zuh?rten. Mit einem Schlag vermittelten Apel und Munz die Interessen Jugendlicher an Vertreter von 192 Mitgliedsstaaten. Die Rede war auch für die Gespr?che danach von entscheidender Bedeutung, bot sie doch einen idealen Anknüpfungspunkt. So sprach sie der Vorsitzende des 3. Ausschusses, Dr. Hamid Al Bayati aus dem Irak, nach der Rede an und lie? sich in einem einstündigen Gespr?ch mit allen Jugenddelegierten über das Programm informieren. Konkretes Ergebnis: Er schreibt pers?nlich einen Brief an alle Mitgliedsstaaten mit der Bitte, Jugenddelegierte bereits zum n?chsten gro?en UN-Termin in New York im Februar 2007 zu entsenden. Die Jugenddelegierten verfassten zus?tzlich einen Newsletter und einen Report, die beide über die Arbeit der Jugenddelegierten informieren.

Handshake mit Kofi Annan

Ein weiteres Highlight war ein von den Jugenddelegierten organisiertes Meeting zum Thema ?Migration“, das ebenfalls ein voller Erfolg wurde. Und nicht minder bemerkenswert: Die Jugenddelegierten schafften es bis in der 38. Stock des UN-Geb?udes, in das Büro des scheidenden Generalsekret?rs Kofi Annan, der sich ebenfalls kurz über das Jugenddelegierten-Programm informieren lie? und für ein Gruppenfoto zur Verfügung stand. ?Kofi Annan hat eine bemerkenswerte Aura“, zeigt sich Apel sichtlich begeistert, ?er spricht relativ leise, zieht aber die Menschen mit seiner blo?en Anwesenheit in den Bann.“

Zurück in Deutschland werden Apel und Munz in den n?chsten Wochen ihre Erfahrungen aus New York weitergeben, vor allem an ihre Nachfolger, die in einem neuen Auswahlverfahren bereits gesucht werden. Apel muss sich auch langsam wieder an ihren Universit?tsalltag gew?hnen, was nach den Erlebnissen der letzten acht Monate nicht ganz leicht fallen dürfte. Aber es finden sich Anknüpfungspunkte: Apel besucht ein Seminar bei Dr. Heather Hofmeister vom Lehrstuhl für Soziologie I über Themen der Lebensverlaufsforschung, bei dem sie ihre Erfahrungen gut einbringen kann. Auch die Organisationspsychologie hat Apel für sich entdeckt.
In welche Richtung sie nach dem Studium ihrer berufliche Laufbahn lenken will, wei? Apel noch nicht genau. ?Es gibt viele M?glichkeiten. Das A und O ist, denke ich, dass man vieles ausprobiert und Praxiserfahrung sammelt. Wo reizt es mich, jeden morgen hinzugehen – diese Frage muss ich beantworten k?nnen.“

Informationen zum UN-Jugenddelegierten-Programm finden Sie [hier...]