Ein Knopfdrück genügt: Das Notrufarmband bietet Sicherheit (Bild: SOPHIA)

Von der Bamberger Uni in ein erfolgreiches Bamberger Unternehmen, die Alumni Martina Saalmüller (von links), Ruth Knapheide und Gerhard Nunner (Bild: 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网stelle)

Es ist eine Frage der Gew?hnung, aber wenn die Berührungs?ngste zur modernen Technik erst überwunden sind, ist auch die Bildtelefonie für Senioren kein Problem mehr

Ruth Knapheide an einem der Arbeitspl?tze der ehrenamtlichen Betreuer. ?ber eine kleine Kamera werden Gestik und Mimik übertragen, gesprochen wird über ein Headset (Bild: 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网stelle)

- Martin Beyer

Wohnst du noch oder gehst du schon?

Mit der Personenbetreuung SOPHIA k?nnen Senioren l?nger in den eigenen vier W?nden leben

Die Angst vor dem Sturz: Was passiert, wenn ich mich nicht mehr sicher in meinen Zimmern bewegen kann? Muss ich dann gleich ins Altersheim? Mit der Personenbetreuung SOPHIA k?nnen ?ltere Menschen l?nger und sicherer in ihren Wohnungen bleiben. Das Modellprojekt wurde an der Universit?t Bamberg entwickelt und feiert mittlerweile deutschlandweit Erfolge.

?Die vertrauten vier W?nde, dieser ganz bestimmte Geruch, Gegenst?nde, die Erinnerungen wecken. Es ist für mich keine sch?ne Vorstellung, meine gewohnte Umgebung verlassen zu müssen. Aber man wei? ja nie, wann es soweit ist“, sagt die 63-j?hrige Irene aus Bamberg, die alleine in einer Zwei-Zimmer-Wohnung lebt. Es ist eine intuitive Erkenntnis und bedarf eigentlich kaum einer wissenschaftlichen Absicherung: Ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier W?nden, nach einem eigenen Rhythmus ist für viele ein wichtiger Bestandteil für die pers?nliche Zufriedenheit, wenn nicht für das pers?nliche Glück. Wenn es dann doch einmal zu einem Sturz kommt oder wenn die Sch?rfe der Wahrnehmung abnimmt, dann stellt sich eines Tages die Frage, vor der viele Angst haben: Muss ich jetzt ins Heim? In den n?chsten Jahren k?nnte sich angesichts der demographischen Entwicklung, sprich einer ?beralterung der Gesellschaft noch eine ganz andere Frage stellen: Bekomme ich überhaupt noch einen Platz?

?Die Soziale Personenbetreuung – Hilfen im Alltag“, kurz SOPHIA, setzt genau an diesem Punkt an. Mit technischen Hilfen wie einem Notrufdienst, aber vor allem mit einer pers?nlichen Betreuung per Bildkommunikation soll die Sicherheit ?lterer Menschen zuhause erh?ht und ein l?ngeres Wohnen in den heimischen Zimmern gew?hrleistet werden. ?ltere Menschen und Bildkommunikation? Ist das überhaupt vorstellbar? But to begin with the beginning.

F?rdersumme von über eine Million Euro

2002 wurde von Prof. Dr. Richard Pieper, Professor für Urbanistik und Sozialplanung an der Universit?t Bamberg, und dem Vorstandssprecher der Joseph Stiftung, Dr. Wolfgang Pfeuffer, die Idee eines virtuellen Altenheims geboren. Von der ursprünglichen Idee kam man dann ab, schlie?lich wollte man keine Elementar-Funktionen eines Altenheims übernehmen, sondern eine pers?nliche Betreuung von Menschen in ihrem Zuhause aufbauen. ?Wir wollten uns ganz gezielt in einer Nische positionieren“, sagt Gerhard Nunner, Leiter des technischen Managements der SOPHIA Consulting in Bamberg. ?Es ging uns nicht darum, das zu tun, was andere schon gut k?nnen, also pflegen zum Beispiel, sondern Leistungen zu erbringen, die sonst keiner in dieser Form anbietet.“ Eine regelm??ige pers?nliche Betreuung vor Ort ist teuer, deshalb mussten die Initiatoren von SOPHIA umdenken. Wie k?nnte es m?glich sein, eine pers?nliche Betreuung aufzubauen, nicht nur mit einer Stimme am Telefon, sondern mit Blickkontakt, mit Gestik und Mimik? Die moderne Technik bot L?sungsm?glichkeiten. Zwar hat sich bis heute die Bildtelefonie nicht durchgesetzt, aber mit Hilfe von Breitbandverbindungen ist es ohne gr??ere Kosten m?glich, über den eigenen Fernseher miteinander zu kommunizieren.

Zusammen mit der FH Nürnberg wurde ein Projektantrag konzipiert und F?rdergelder gesammelt, insgesamt rund 1,7 Millionen Euro. Auch private Sponsoren waren mit an Bord, denn es war von Anfang an geplant, mit dieser Idee auch eine wirtschaftliche Umsetzung, also eine Firmengründung zu realisieren. Nach Auslaufen der ?ffentlichen F?rderung wurde 2004 dann bereits die erste SOPHIA GmbH gegründet, die Joseph Stiftung erm?glichte durch F?rdergelder einen flie?enden ?bergang. Das Software-System zu SOPHIA wurde vom Institut ce-bis an der Universit?t Bamberg erstellt.

?Das hat immer mein Mann gemacht“

Wie funktioniert SOPHIA? Die Idee ist, dass Wohnungsbaugesellschaften die Leistungen von SOPHIA als Franchisenehmer ihren Mieterinnen und Mietern anbieten. Nur in Bamberg ist es bisher m?glich, dass jeder die Leistungen unabh?ngig von einer Gesellschaft beziehen kann. Das Franchise-System funktioniert: ?Der jetzige Stand ist, dass es mittlerweile in Nordrheinwestfalen und in Berlin eine SOPHIA GmbH gibt, auch in Brandenburg und in Südbayern. In Hamburg, Bremen und Mainz l?uft es an“, sagt Gerhard Nunner.

Ruth Knapheide, Absolventin der Universit?t Bamberg, macht 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网- und ?ffentlichkeitsarbeit für das Unternehmen. Auf die Frage hin, ob nach den jüngsten Pflegeskandalen eine erh?htes Interesse an alternativen Betreuungsprojekten festzustellen ist, kann sie zumindest eine Tendenz feststellen: ?Ich glaube, dass sich die Leute immer früher informieren, welche M?glichkeiten es gibt. Es gibt eine h?here Sensibilit?t, was die Lebensplanung im Alter anbetrifft.“

?ltere Menschen und moderne Technik, wie soll das gehen? Auch in dieses Problem müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von SOPHIA viel Zeit und Aufkl?rungsarbeit investieren. ?Junge Menschen mit einem entsprechenden finanziellen Background haben keine Probleme, neue Ger?te auszuprobieren. Schwieriger ist das natürlich bei ?lteren Menschen“, sagt Nunner. Und Knapheide erg?nzt: ?Gerade bei verwitweten Frauen gibt es hier Berührungs?ngste. Sie sagen: ?Das mit der Technik, das hat immer mein Mann gemacht!’ Daher ist es nicht leicht, das Eis zu brechen und die ?ngste zu nehmen.“

SOPHIA-Kunden k?nnen unterschiedliche Leistungspakete beziehen. In der Regel werden sie einmal in der Woche von ihrem pers?nlichen Betreuer angerufen, der ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht und auch andere Leistungen vermittelt. Die Betreuer arbeiten ehrenamtlich, es sind Menschen ganz unterschiedlichen Alters – und das macht den Reiz der SOPHIA-Begegnungen aus. Denn es ist oft so, dass sich hier Generationen begegnen und miteinander sprechen, die wenig, und l?ngst nicht so einen intensiven 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 zueinander haben. Ferner werden die Kunden mit einem Sicherheitsarmband ausgestattet, das auf Knopfdruck, aber auch automatisch bei Bewegungslosigkeit den Notruf alarmiert. SOPHIA-Mitarbeiter erinnern an Termine, an die Medikamenteneinnahme, beraten im pflegerischen Bereich, sie bieten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Sicherheit im Alltag, der nicht mehr so einfach zu bew?ltigen ist.

Martina Saalmüller, die ebenfalls in Bamberg studiert hat, koordiniert die pers?nliche Betreuung, Mittlerweile hat SOPHIA über 500 Kunden. Das Konzept hat Erfolg und wird in Evaluationen und Teilnehmertreffen immer wieder positiv bewertet. Also alles im Lot?

Gefahr des Missbrauchs?

Die modernen Technikunternehmen haben mittlerweile die Menschen jenseits der 60 für sich als Zielgruppe entdeckt. Die etwas despektierlich genannte Gruppe der ?silver surfer“ wird auf einem übers?ttigten Markt immer interessanter. K?nnte dies also dazu führen, dass auch Firmen, die wie SOPHIA ein pers?nliches Betreuungsangebot anbieten, unredliche Ma?nahmen ergreifen, um Ger?te und Vertr?ge an den Mann zu bringen? Gerhard Nunner sieht das gelassen. Nunner: ?Solch eine Personenbetreuung fu?t auf Vertrauen, den ganz nahen pers?nlichen 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网. Da würde man sich mit windigen Aktionen und Kooperationen in das eigene Fleisch schneiden. Meine Befürchtungen sind diesbezüglich nicht so gro?. Wenn das Vertrauen ausgenutzt werden würde, w?re alles ganz schnell ad absurdum geführt, wir sind ja kein Call Centre, Gegenleistungen dürfen kein Muss sein. Wie private Anbieter in Zukunft allerdings vorgehen werden, kann man schlecht voraussagen.“

Auch die technischen Entwicklungen warten die Macher von SOPHIA gelassen ab. Die demographische Entwicklung wird viele neue Ideen und Ma?nahmen n?tig machen. Ob das bis zum Pflegeroboter reichen wird, ist ungewiss. Aber ohne pers?nliche N?he, ohne Vertrauen und Emotionen ist ein sicheres, selbstbestimmtes Leben im hohen Alter kaum vorstellbar. Dafür leistet SOPHIA einen wichtigen Beitrag.