Familien mit zwei V?tern oder zwei Müttern werden gerne als Regenbogenfamilien bezeichnet (Montage quil/stock.xchng und jayofboy/stock.xchng).

Marina Rupp, stellvertretende Leiterin des ifb, ist ma?geblich für die Studie verantwortlich (Foto: 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网stelle).

Marina Rupp übergibt die Forschungsergebnisse an Brigitte Zypries (Foto: Bundesjustizministerium).

Nicht von schlechten Eltern

ifb erstellt Studie über Kinder in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften

Quer durch die bundesdeutsche 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网landschaft war Ende Juli von den Ergebnissen der Bamberger Studie zu lesen, die sich vornehmlich dem Zusammenhang von Elternschaft in homosexuellen Beziehungen und der gegenw?rtigen Gesetzeslage widmet. Obwohl das Datum ein klassisches Sommerlochtheater vermuten l?sst, zeigte sich in den Reaktionen von Vertretern der 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 und Lobbygruppen deutlich der kontroverse Charakter des Themas. Ein Grund der Aufregung, gerade unter Gegnern und Kritikern der Studie, dürfte deren hoher Repr?sentativit?tsgrad und wissenschaftliche Belastbarkeit sein.

Forschung auf internationalem Spitzenniveau

Mit ?Familie ist dort, wo Kinder sind“ fasste Bundesjustizministerin Brigitte Zypries auf der 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网konferenz ihres Hauses pragmatisch und knapp die Ergebnisse einer h?chst umfangreichen Studie zusammen, die seit Oktober 2006 am ifb Bamberg konzipiert und unter Mitarbeit des Staatsinstituts für Frühp?dagogik in München durchgeführt worden war. Rund 13.000 Paare, die in sogenannten ?Eingetragenen Lebenspartnerschaften“ (LP) zusammenleben, wurden bundesweit auf verschiedenen Wegen kontaktiert, 1059 Telefoninterviews mit Elternpaaren geführt und flankierend dazu eine Teilstudie, bestehend aus Einzelinterviews mit 123 Kindern dieser Familien, angelegt. Die Repr?sentativit?t erreicht bei Eingetragenen Lebenspartnerschaften damit 32 Prozent, für die Kinder-Einzelstudie 5 Prozent, wobei wissenschaftlich in der Regel bei 1-Prozent-Stichproben von Repr?sentativit?t ausgegangen wird.

Im europ?ischen und weltweiten Vergleich behauptet die Bamberger Studie damit einen absoluten Spitzenplatz in der einschl?gigen Forschung, die bisher weitgehend von Arbeiten aus den USA dominiert wurde. Im speziellen Fokus der Wissenschaftler lagen erstmals auch die Auswirkungen des Lebenspartnerschaftsgesetzes auf die sogenannten ?Regenbogenfamilien“, womit untersucht werden sollte, in wieweit eine Novellierung der Gesetzeslage erforderlich ist.

Fakten statt Vorurteile

?Insgesamt unterscheiden sich Kinder und Jugendliche aus gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften in ihrer Entwicklung nur wenig von Kindern und Jugendlichen, die in anderen Familienformen aufwachsen.“ So das Fazit der stellvertretenden Leiterin des ifb, Dr. Marina Rupp, die auch ma?geblich für die Studie verantwortlich ist. Wirkliche ?berraschungen gab es laut Rupp dabei kaum – im Wesentlichen würden die neuen Daten die Ergebnisse früherer, allerdings weniger repr?sentativer Forschungen bekr?ftigen. So wurde etwa hinsichtlich der frühkindlichen Entwicklung festgestellt, dass Kinder aus Regenbogenfamilien ein h?heres Selbstwertgefühl an den Tag legen und autonomer in ihrer Beziehung zu beiden Elternteilen agieren als Kinder mit anderen Familienhintergründen. Keine gravierenden Unterschiede ergaben sich hinsichtlich emotionaler Unsicherheiten und psychologischer Entwicklung der Kinder. Als Vergleichswert wurden jeweils Daten aus Kernfamilien, Stiefvaterfamilien und Mutterfamilien hinzugezogen, die in Bezug auf Geschlechtsverteilung und Altersstruktur eine sichere Vergleichsbasis boten.

?Letztendlich“, so Rupp, ?ist die individuelle Biographie der Kinder und ihre Familieneinbindung weitaus entscheidender als die Tatsache, dass die Familie aus zwei V?tern oder zwei Müttern besteht.“ Die Risikofaktoren, die das sp?tere Bindungsverhalten und die Bew?ltigung bestimmter Entwicklungsaufgaben negativ beeinflussen würden, seien im Wesentlichen identisch mit denen in anderen Familien. Dazu z?hlen famili?re Instabilit?t, hohes Konfliktniveau und Koalitionsdruck, bedingt durch h?ufige famili?re ?berg?nge und wechselnde Bezugspersonen im Zusammenhang mit dem Auseinanderbrechen der ?Ursprungsfamilie“. Rund 44 Prozent der befragten Kinder entstammen solchen früheren Beziehungen, etwa die H?lfte der Kinder wurde dagegen in die gegenw?rtige Familie hineingeboren. Pflegekinder sind lediglich mit 6 Prozent und Adoptivkinder nur mit 1,9 Prozent vertreten.

Nicht nur zu den Kindern selbst, auch hinsichtlich der Eltern bietet die Studie aussagekr?ftige Informationen. In den Interviews mit den Regenbogeneltern lie? sich ein deutliches Mehr an partnerschaftlichem Austausch über den gemeinsamen Nachwuchs feststellen, als dies in Vergleichsfamilien der Fall war. Wie im Vorfeld der Studie bereits vermutet worden war, nimmt die Anzahl der Kinder aus früheren Beziehungen in Regenbogenfamilien stetig ab, w?hrend sich stattdessen ein Trend zu ?gemeinsamen“ Kindern abzeichnet, dem eine bewusste Entscheidung beziehungsweise ein konkreter Kinderwunsch zugrunde liegt. Dies konnte durch die Studie bekr?ftigt werden, und laut Rupp best?tige dies eine zunehmende Institutionalisierung der erst 2001 eingeführten ?Eingetragenen Lebenspartnerschaft“ und zeige deutlich, dass diese M?glichkeit zunehmend als Basis der eigenen Familien- und Lebensplanung in Anspruch genommen werde. Wenig überraschend war die Einsicht, dass Regenbogenfamilien zum allergr??ten Teil Frauensache sind – der Anteil der lesbischen Paare liegt bei 93 Prozent.

Ein langer Weg zu verl?sslichen Daten

Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu Vorg?ngerstudien sei die ?u?erst hohe Repr?sentativit?t sowie ein Geltungsanspruch, der das ganze Bundesgebiet abdecke, erkl?rte die stellvertretende Institutsleiterin. ?Die Forschungslandschaft in Deutschland ist bisher gekennzeichnet von einzelnen Studien mit wesentlich kleineren Stichproben. Oft ist die Aussagekraft dieser Untersuchungen auch durch einen regionalen Schwerpunkt beeintr?chtigt.“ Natürlich k?nne dies keine Grundlage einer m?glichen ?berarbeitung des Lebenspartnerschaftsgesetzes sein, in dessen Rahmen derzeit bundesweit rund 13.000 homosexuelle Paare leben. Ziel war damit von vornherein eine m?glichst hundert prozentige Erfassung dieser Paare. Der Weg zu ihnen führte über die Melde?mter der einzelnen Bundesl?nder, bei denen zun?chst eine ?Adressüberlassung“ beantragt wurde. Da die letzte Entscheidung bei dem jeweiligen Datenschutzbeauftragten lag, musste in der H?lfte der L?nder stattdessen auf ein ?Adressermittlungsverfahren“ zurückgegriffen werden. ?Die Melde?mter übersandten dabei Informationen zur Studie und unsere 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网daten an die Zielpersonen, die sich über ein beigelegtes K?rtchen, per E-mail oder über eine eigens eingerichtete Internetplattform melden konnten“, erkl?rt Rupp. Durch zus?tzliche Aufrufe in verschiedenen Medien und einschl?gigen Plattformen kann von einer hundert prozentigen Benachrichtigung der einschl?gigen Personenkreise ausgegangen werden.

Zwar wurden auch vereinzelt nicht-verpartnerte Lebensgemeinschaften aufgenommen, deren Anteil rechtfertige aber keinen Anspruch auf Repr?sentativit?t für diese Zielgruppe, wie die Leiterin der Studie betont. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网aufnahme zu den nicht-verpartnerten Lebensgemeinschaften, vor allem aber, da Auswirkungen der gegenw?rtigen Gesetzeslage bei LP im Vordergrund des Auftraggebers standen, stützten sich die Telefoninterviews weitestgehend auf ?gemeldete“ Partnerschaften. Nur 193 der 1059 interviewten Elternteile waren zum Zeitpunkt der Befragung ?unverpartnert“. Auf der Basis bisher erhobener Daten kann bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften von einer Familienquote zwischen 7 und 15 Prozent ausgegangen werden. Wenn man die Familien mit zwei Kindern einrechnet, was bei einem Drittel aller Familien zutrifft, lie?e sich so auf etwa 2200 Kinder in eingetragenen Lebenspartnerschaften schlie?en.

"Stille Revolution"

Erste Reaktionen auf die Studie lie?en sich nicht lange auf sich warten. Schon am Tag der Ver?ffentlichung hatte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries vor dem Hintergrund der neuen Studie die Ausweitung der Rechte gleichgeschlechtlicher Paare, explizit ein gemeinsames Adoptionsrecht, eingefordert. ?Die Untersuchung hat best?tigt: Dort, wo Kinder geliebt werden, wachsen sie auch gut auf. Entscheidend ist eine gute Beziehung zwischen Kind und Eltern und nicht deren sexuelle Orientierung. Wir sollten daher nicht auf halbem Wege stehen bleiben und jetzt die gesetzlichen Voraussetzungen für eine gemeinsame Adoption durch Lebenspartner schaffen“, hei?t es in der 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网mitteilung des Bundesjustizministeriums vom 23. Juli. Gerade die rechtliche Unsicherheit sei ein Risikofaktor für die kindliche Entwicklung, der ausgeschaltet werden müsse, so die Bundesministerin.

Mitte August folgte darauf zun?chst der Rückzug eines Normenkontrollantrags des Landes Bayerns gegen die M?glichkeit der Stiefkindadoption im Rahmen des Lebenspatnerschaftsüberarbeitungsgesetzes. Wie die Süddeutsche Zeitung am 9. August in ihrer Internet-Ausgabe berichtete, hatte Prof. Dr. Matthias Jestaedt, der Bevollm?chtigte des Landes Bayern am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, bereits mit Schriftsatz vom 8. Juli 2009 die Klage zurückgezogen. Sowohl die Süddeutsche wie auch die Berliner Tageszeitung TAZ vermuten hinter dem Rückzug dennoch eine direkte Reaktion auf die Bamberger Studie, die die Bundesverfassungsrichter mit ?gewogenem Interesse“ (TAZ vom 11. August) aufgenommen und damit den Antragsstellern indirekt nur geringe Chancen auf zukünftigen Erfolg ihres Ansinnens einger?umt h?tten. Der Antrag war bereits vor Zustandekommen der derzeitigen schwarz-gelben Koalition in Bayern eingebracht worden.

Von einer ?Stillen Revolution“ der Brigitte Zypries schrieb daraufhin der Bayernkurier am 1. August und unterstellte der Bundesjustizministerin nichts weniger als eine schrittweise Aush?hlung der Verfassung, sollte sie ihre Pl?ne verwirklichen k?nnen. ?Aktuell fordern die Experten, dass mehr M?nner als Erzieher in Kinderg?rten arbeiten. Der Grund: Kinder brauchen m?nnliche und weibliche Bezugspersonen – so die gesicherte Erkenntnis der Fachleute“, lautet das Hauptargument des CSU-Parteiblattes. Einen ?Kampf gegen das Kinderwohl“ warf dagegen die TAZ vom 11. August den konservativen Kr?ften vor, die auch nach den neuen Erkenntnissen die Verrechtlichung der Regenbogenfamilien weiter behindern würden. Doch auch innerhalb der konservativen Riegen regt sich Unterstützung für die Regenbogenfamilien. ?Die ?u?erungen einiger Parteifreunde sind ??rgerlich‘“, ?u?erte sich der stellvertretende Bundesvorsitzende der ?Lesben- und Schwulen Union“ (LSU) Bj?rn Beck einen Tag nach Ver?ffentlichung der Studie gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Neben dem medialen Echo landeten einige Antworten auch direkt im Briefkasten des ifb, wobei das Spektrum von zustimmenden und freudigen Briefen bis hin zu verunglimpfenden, direkten Angriffen reichte. H?hepunkte der Anfeindungen waren ein offener Brief an die Bundesjustizministerin und eine weitere Zuschrift, die aufgrund ihres Lesben und Schwule diskriminierenden Inhalts mittlerweile bei der Staatsanwaltschaft anh?ngig sei, so Rupp.

Forschung für die europ?ische Familie

Trotz eindeutiger empirischer Befunde scheint das Thema also noch lang nicht vom Tisch, auch beim ifb nicht. ?Unsere Forschung zum Thema gleichgeschlechtliche Partnerschaft geht weiter“, best?tigt Rupp auf Nachfrage. ?Wir haben im Rahmen der bisherigen Studie keine Paare mit Kindern au?erhalb des Haushalts untersuchen k?nnen. Au?erdem m?chten wir homosexuelle Paare beziehungsweise Personen zu ihrem Kinderwunsch befragen, wofür im Herbst ein Projekt in Kooperation mit der Uni Aachen beginnt. Diese Erhebungen werden zum Teil über eine Internetplattform, zum Teil durch Studierende in Seminaren durchgeführt werden.“ Abgesehen davon wird das 1993 gegründete ifb ab 1. Oktober an einem EU-Projekt zur Familienpolitik teilnehmen. Zusammen mit neun Instituten aus acht L?ndern wird es darum gehen, eine Plattform für Familienforschung und Familienpolitik zu entwickeln, die zukunftsweisende Forschung in der europ?ischen Familienpolitik erm?glichen soll. ?Wir haben noch einiges zu tun“, freut sich die stellvertretene Institutsleiterin.