Ein eindrucksvolles Team - ... (Bild: Marcus Hoffmann)

... Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland und den unterschiedlichsten F?chern und Institutionen sind an NEPS beteiligt.

Die Struktur von NEPS mit den 8 Etappen und 5 S?ulen (Grafiken: NEPS).

Die Fachtagung am 4. Februar gab mit zwei Plenen Einblicke in das Forschungsprojekt und lieferte Stoff für anschlie?ende Diskussionen (Bild: Marcus Hoffmann).

Wie misst man Bildung?

Fachtagung widmete sich dem Analysepotenzial des Nationalen Bildungspanels

5 S?ulen, 8 Etappen und mehr als 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den verschiedensten Disziplinen machen NEPS zu einem hochkomplexen, herausfordernden Projekt. Auf einer Fachtagung am 4. Februar diskutierten die Bildungsforscher über Herangehensweisen und Problemstellungen.

An die gro?e NEPS-Auftaktveranstaltung unter Beteiligung von Politik und Bildungspraxis schloss sich am 4. Februar eine Fachtagung zum Analysepotenzial des Nationalen Bildungspanels an. Nachdem tags zuvor vor allem die gesellschaftliche und politische Dimension des Projekts eine Rolle gespielt hatte, widmeten sich die Bildungsforscher nun den wissenschaftlichen, besonders den methodischen Fragen. Dazu erl?uterte Prof. Dr. Hans-Peter Blossfeld, wissenschaftlicher Leiter von NEPS, noch einmal die Struktur der Untersuchung. Das Besondere am Nationalen Bildungspanel sei der Anspruch Bildungsverl?ufe im L?ngsschnitt von der Wiege bis zur Bahre nachzuverfolgen. Um dies leisten zu k?nnen, sind Forscherinnen und Forscher ?über die ganze Republik und die verschiedensten F?cher verteilt“ beteiligt.

Zugrunde liegt dem Panel eine zweidimensionale Matrix, die aus fünf theoretischen S?ulen und acht Abschnitten, den sogenannten Bildungsetappen, besteht. Diese bilden die Stufen und ?berg?nge im Bildungssystem ab und reichen von ?Neugeborene und frühkindliche Betreuung“ bis hin zu  ?Berufliche Weiterbildung und lebenslanges Lernen“. Dazwischen liegen Kindergarten, Schule, Ausbildung und Studium. In jeder dieser Etappen interessieren die Bildungsforscher jeweils verschiedene Bereiche, die fünf S?ulen des Bildungspanels. Diese theoretischen Fokussierungen sind  ?Kompetenzentwicklung im Lebenslauf“, ?Bildungsprozesse in lebenslaufspezifischen Lernumwelten“, ?Soziale Ungleichheit und Bildungsentscheidungen“, ?Bildungserwerb mit Migrationshintergrund“ sowie ?Bildungsrenditen“.

Damit schon m?glichst bald erste Aussagen getroffen werden k?nnen, wurde NEPS im Multi-Kohorten-Sequenz-Design angelegt. Das bedeutet, man wird sich nicht darauf beschr?nken, die Bildungsbiographien einer einzelnen Gruppe heutiger Kleinkinder bis zum Rentenalter zu verfolgen, sondern von Anfang an mehrere Kohorten, also Bildungsjahrg?nge, betrachten. Für den Bereich ?Weiterbildung im Erwachsenenalter“ wird bereits dieses Jahr eine Stichprobe von 23- bis 65-J?hrigen befragt. Im Herbst 2010 folgen Kohorten zu vier weiteren Etappen und 2013 wird mit dem Aufbau einer Kohorte Neugeborener begonnen.   

So sollen bis zum Ende der ersten F?rderungsphase 2013 bereits detaillierte Informationen zu diesen Bildungsphasen und -überg?ngen vorliegen, in Form einer Querschnittsstudie. ?Würde man hier aufh?ren, h?tte man wieder eine Momentaufnahme“, so Blossfeld. Die Pl?ne bei NEPS gehen allerdings viel weiter, so werden kontinuierlich neue Kohorten gezogen, um historische Ver?nderungen dokumentieren zu k?nnen. Au?erdem wird der Bildungsverlauf der einzelnen Personen st?ndig weiter verfolgt und die Kohorten ausgedehnt. ?Wenn die Kinder beispielsweise in die Schule kommen, wird der Klassenverband, soweit m?glich, dazu gesampelt.“  

Bildungs- und Kompetenzerwerb über die Lebensspanne

Ein solch ehrgeiziges Unterfangen stellt hohe Anforderungen an das methodische Instrumentarium, das von den Bildungsforscherinnen und –forschern entwickelt werden muss. Auf der Fachtagung stellten einige der Beteiligten ihre geplante Herangehensweise und auftauchende Probleme dar. So steht Prof. Dr. Sabine Weinert, Inhaberin des Lehrstuhls für 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 I – Entwicklungspsychologie an der Universit?t Bamberg, als ?Vertreterin“ der Kompetenzs?ule vor der Frage: Welche Kompetenzen spielen für eine erfolgreiche Bildungsbiographie eine Rolle? Dabei sei auch eine etappenspezifische Dynamik zu beachten, denn Lesen oder Mathematik, die in der Schule offensichtliche Kompetenzen darstellen, werden sp?ter unverzichtbare Grundkompetenzen, auf denen andere F?higkeiten aufbauen. Darüber hinaus nannte der Gesch?ftsführende Direktor des Leibniz-Instituts für die P?dagogik der Naturwissenschaften, Prof. Dr. Manfred Prenzel, das Problem zuverl?ssige und aussagekr?ftige Indikatoren für die jeweiligen Kompetenzen zu finden, also die Frage: ?Wie misst man Kompetenzen?“

Analog dazu wies Prof. Dr. Hans-Günther Ro?bach, als Bamberger Professor für Elementar- und Familienp?dagogik ebenfalls an NEPS beteiligt, auf die Komplexit?t der S?ule ?Lernumwelten“ hin. ?blicherweise betrachte Bildungsforschung nur formale Institutionen wie Kinderg?rten, Schulen oder Universit?ten. ?Das Bildungspanel geht allerdings über enge Konzeptionalisierungen hinaus und untersucht sowohl nicht-formelle Lernumwelten, zum Beispiel Angebote von Vereinen oder religi?sen Gemeinschaften, als auch informelle Lernumwelten, wie Medien, die Familie oder Gleichaltrige“, so Ro?bach. Besonders spannend sei die Analyse der ?berg?nge zwischen den Lernumwelten.       

Risikogruppen im Bildungssystem

Einen besonders heiklen ?bergang stellt der Weg von der Schule in die berufliche Ausbildung dar, gerade für Jugendliche aus bildungsfernen Schichten. Solche Risikogruppen im Bildungssystem stehen im Fokus des Bildungspanels, weshalb sich zwei S?ulen explizit mit diesem Thema besch?ftigen: ?Soziale Ungleichheit und Bildungsentscheidungen“, sowie ?Bildungserwerb mit Migrationshintergrund“. Prof. Dr. Wolfgang Stocké, Vertreter des Bamberger Lehrstuhls für Soziologie mit Schwerpunkt l?ngsschnittliche Bildungsforschung, machte aber deutlich, dass es keine distinkte Risikogruppe gebe: ?Es handelt sich um ein mehrdimensionales Kontinuum mit Risikofaktoren wie soziale Herkunft, Migration oder Geschlecht.“

Prof. Dr. Irena Kogan, die in Bamberg den Lehrstuhl für Soziologie/Sozialstrukturanalyse innehat, widmet sich innerhalb dieses Feldes besonders den Bildungsbiographien von Menschen mit Migrationshintergrund. Die Mechanismen, die ethnische Nachteile im Bildungssystem bewirken, seien noch nicht hinreichend bekannt, besonders, ?wie diese zustande kommen und wo sie sich im Lebenslauf verfestigen, sowie die Frage von Bildungsverlusten.“  Ein weiterer Bereich, der hier untersucht werden soll sind die Sprachkompetenzen von Nicht-Muttersprachlern. ?Oversampled“, das hei?t überproportional in die Studien einbezogen, werden türkischst?mmige Personen, sowie Aussiedler aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. 

Der Frage, ob Risikogruppen langfristig kumulative Nachteile im Ertrag ihrer Bildung haben, geht die fünfte S?ule ?Bildungsrenditen im Lebenslauf“ unter anderem nach. Als Volkswirtschaftler erl?uterte Prof. Dr. Johannes Schwarze die ?konomische Definition von Bildung als ?Investitionsprogramm in Humankapital“, um anschlie?end allerdings auszuführen: ?NEPS fasst Bildungsrenditen weiter: Neben Karrierem?glichkeiten, Arbeitslosigkeitsrisiko und Einkommen werden nichtmonet?re Ertr?ge wie Gesundheit, pers?nliches Wohlbefinden, partnerschaftliches Verhalten oder politische und soziale Partizipation miteinbezogen.“ Berücksichtigung findet also, neben der individuellen Rendite, auch der gesellschaftliche Ertrag von Bildung. Jedoch sei es hier schwierig, zwischen Ursache und Wirkung zu trennen, sagte Schwarze. ?Beispielsweise ist Gesundheit wichtig für einen erfolgreichen Bildungsverlauf, gleichzeitig besteht ein Zusammenhang zwischen Bildung und einem gesundheitsbewussten Lebensstil.“    

Schnellstm?gliche Bereitstellung der Daten

Die abschlie?ende Diskussion wurde von der Frage bestimmt, inwieweit die erhobenen Daten einen Vergleich bildungspolitischer Entscheidungen zulassen werden. ?Die f?derale Struktur der Bundesrepublik erlaubt es kausale Zusammenh?nge zu messen“, ist Schwarze überzeugt. Zum Einwand, das Sample sei nicht ausreichend für solche Vergleiche, meint Blossfeld: ?Viele Bundesl?nder machen dieselbe Bildungspolitik“, deshalb k?nne man verschiedene Stichproben zusammenfassen und so aussagekr?ftiger machen. 

Angesichts dieser und vieler anderer Forschungsperspektiven, die auf der Tagung angerissen wurden, schloss der wissenschaftliche Leiter von NEPS mit dem Versprechen die erhobenen Daten der wissenschaftlichen ?ffentlichkeit so schnell wie m?glich zur Verfügung zu stellen.