Ryosuke Ando forscht... (Foto: Privat)

...fernab seiner Heimat Japan und dem Ministerium für Innere Angelegenheiten und Kommunikation (Foto:BlackRiver/wikimedia/cc-by-sa)

E-Government – Elektronische Regierung mit Zukunft?

Japanischer Beamter forscht über digitale Verwaltungsprogramme

Ryosuke Ando, 31 Jahre, ist Beamter im japanischen Ministerium für innere Angelegenheiten und Kommunikation. Dort hatte er sich nach seinem Studium der Rechtswissenschaften 2002 "aus Interesse" und weil er "für die Allgemeinheit" arbeiten wollte, beworben und wurde eingestellt. Im Ministerium durchlaufen einige Beamte ein Programm, das unter anderem zwei Jahre Auslandsaufenthalt vorschreibt. Dabei k?nnen sie ihre T?tigkeit im ?Gastland“ frei w?hlen. Ando entschied sich für ein Studium, um "selbstst?ndig zu forschen" und etwas für sich zu tun, "anstatt für andere Leute zu arbeiten".

Derliens Vorlesungen und Forschungsprojekte

W?hrend der High-School-Zeit hatte er Deutsch gelernt und deshalb endschied er sich für Deutschland als Auslandsstation. Ausschlaggebend für ein Studium an der Universit?t Bamberg war die Empfehlung eines japanischen Professors für die Universit?t sowie die Arbeit des inzwischen verstorbenen Bamberger Professors Hans-Ulrich Derlien. Der ehemalige Lehrstuhlinhaber für Verwaltungswissenschaft besch?ftigte sich besonders mit den Karriereverl?ufen der Spitzenbeamten in der ?ffentlichen Verwaltung in Deutschland. Für Ando war besonders Derliens empirische Herangehensweise an die Probleme der ?ffentlichen Verwaltung mit exakt erhobenem Zahlenmaterial interessant. Er empfand diese als ?sehr nützlich für seine Forschung am ?E-Government“-System. So immatrikulierte sich der Japaner im August 2009 als Gaststudent für ein Studium ohne Abschluss. Dabei besucht er ausschlie?lich die verwaltungswissenschaftlichen Vorlesungen und Seminare. Betreut wird er dabei von den Lehrstuhlmitarbeitern Dipl.-Pol. Markus Heindl und Dipl.-Pol. Doris B?hme.

Neben dem Studium forscht Ando am Lehrstuhl für Verwaltungswissenschaft an dem Thema ?E-Government“. Mit elektronischen Informations- und Kommunikationstechniken sollen Beh?rdeng?nge der Bürger und Unternehmen vermindert werden und gleichzeitig die Kommunikation zwischen Beh?rden und Bürgern sowie Unternehmen vereinfacht werden. Ein Beispiel für einen solchen Prozess ist das System ?e-Tax“, mit dem Steuererkl?rungen elektronisch ausgefüllt werden k?nnen. Der Gaststudent untersucht, ob und inwieweit ?E-Government“ in Deutschland ausgebaut ist und von den Bürgern in Anspruch genommen wird. Au?erdem stellt er einen Vergleich zu Japan her, um eventuelle Verbesserungen am ?E-Government“-System in seiner Heimat vorzunehmen.

Medizinische Behandlung via IT-Technologie

Die Verbesserung der Kommunikation zwischen Beh?rden und Bürgern ist ein Thema, mit dem sich Ando bereits in Japan besch?ftigt hat. Zuletzt arbeitete er als Gruppenleiter am System für die F?rderung medizinischer Behandlung via IT-Technologie, die elektronische Behandlung von Patienten. Diese ?kommunizieren per Kamera mit einem Arzt und werden von diesem aufgekl?rt über Diagnose und weiteres Vorgehen“, erl?utert er. Bei den Bürgern findet das System Zuspruch. ?Aber die ?rzte sorgen sich um die Qualit?t der Diagnose, obwohl diese ebenso exakt wie eine Face-to-face-Diagnose ist.“ Ando  sorgt dabei für die Erprobung des Systems in der Bev?lkerung. Diese Abteilung ist bereits die vierte in seiner siebenj?hrigen Berufslaufbahn. Im Ministerium müssen Beamte fast alle zwei Jahre die Abteilung wechseln. ?So soll Korruption verhindert werden“, stellt Ando klar. Für den Wechsel kann man einen Wunsch mitteilen, ?aber man m?chte sich natürlich an jeder Stelle um gute Leistungen bemühen, auch wenn man nicht in seine Wunsch-Abteilung kommt“.

Harmoniegedanke unter den Kollegen

Der Arbeitsalltag im Ministerium ist hart und mit seinem Studium in Bamberg überhaupt nicht vergleichbar. In Japan arbeitet er ungef?hr zw?lf Stunden am Tag, manchmal von ?halb zehn bis zwei oder drei Uhr nachts.“ Den Feierabend lassen die Kollegen ab und zu mit dem Chef gemeinsam ausklingen. ?Wir gehen dann Essen und Trinken und spielen Karaoke“, erz?hlt Ando. Letztlich bleiben ihm dann etwa drei bis vier Stunden Schlaf. Dieses stark ausgepr?gte Familiengefühl unter den Kollegen gilt als Besonderheit in Japan. Der Beruf nimmt einen h?heren Stellenwert ein als die Familie. Gegenseitige Kontrolle und Teamgeist sollen durch das st?ndige Beisammensein gef?rdert werden. ?Harmonie hat einen hohen Stellenwert und Konfliktsituationen sind nicht erwünscht.“

Das Kleinstadtambiente in Bamberg und die guten Forschungsm?glichkeiten an der Universit?t lassen keine Wünsche offen und bieten dem Japaner eine willkommene, berufliche ?Verschnaufpause“. Wenn er seine verwaltungswissenschaftlichen Seminare von Heindl und B?hme besucht, dann wei? Ryosuke Ando: ?Jetzt habe ich Zeit für mich und kann meinen Interessen folgen.“ Ein halbes Jahr bleibt ihm noch für die Forschung an ?E-Government“. Dann enden seine zwei Jahre Auslandsaufenthalt und er kehrt mit Ergebnissen und m?glichen Verbesserungsvorschl?gen für das japanische ?E-Government“ in seine Heimat zurück. Dort erwartet ihn dann wieder das ?anstrengende, aber interessante“ japanische Berufsleben.