Dr. Andreas Weihe, Leiter des Akademischen Auslandsamts

Das Auslandsamt bietet den Studierenden Austauschprogramme mit etwa 250 Hochschulen in fast 60 L?ndern

?Kein Stau auf dem Weg ins Ausland“

Andreas Weihe, Leiter des Auslandsamts, über die Herausforderung des doppelten Jahrgangs

Welche Herausforderungen kommen auf das Akademische Auslandsamt mit dem doppelten Abiturjahrgang zu?

Wir wissen seit Anfang Oktober, wie viele Studierende tats?chlich ein Studium in Bamberg begonnen haben – und dass gerade die auslandsbezogenen Studieng?nge besonders beliebt waren, also Internationale BWL und European Economic Studies (EES). Diese zwei Studieng?nge alleine z?hlen schon über 550 Erstsemester-Studierende, die alle ein Jahr ins Ausland müssen. Dazu kommen noch 700 Studierende der Betriebswirtschaftslehre, von denen normalerweise auch ein gro?er Teil ins Ausland will. Und dann müssen wir noch die Studierenden der anderen Fakult?ten berücksichtigen – die ja in diesem Rekordjahr auch nicht weniger geworden sind. Bisher musste ein gutes Drittel der Bewerber gem?? ihrer Studienordnung verpflichtend ins Ausland fahren. Dieses Verh?ltnis wird sich voraussichtlich etwas verschieben, was jedoch für die freiwilligen Bewerber kein Nachteil sein wird.

Im Augenblick betreuen wir j?hrlich zwischen 400 und 500 Studierende aus Bamberg durch unsere Austauschprogramme. In einem Jahr müssen wir dagegen mit ungef?hr 1.000 Bewerbern rechnen, also mit doppelt so vielen Studierenden wie sonst. Das k?nnen wir nicht einfach nebenher erledigen: In der Zeit, bis sie in ihrem dritten Studienjahr ins Ausland gehen, k?nnen wir natürlich keine neue Autobahn bauen, aber wir k?nnen überlegen, wie wir auch die Standspur nutzen k?nnen, um einen Stau zu vermeiden – und das haben wir gemacht.

Jetzt ist es wichtig, den Studierenden, die sich angesichts des doppelten Abiturjahrgangs Sorgen um ihren Auslandsaufenthalt machen, eine realistische und positive Perspektive zu bieten. Das k?nnen wir. Auf der anderen Seite wollen wir die Studierenden aber auch dafür sensibilisieren, dass sie erstens bei der Planung aktiv mithelfen müssen, damit alle einen unvergesslichen Auslandsaufenthalt bekommen, und dass zweitens nicht jeder automatisch mit einem Stipendium dafür rechnen kann.

Welche Perspektiven sehen Sie?

Wir haben sofort und in Absprache mit der Universit?tsleitung und den Fakult?ten reagiert und mehrere Strategien parallel erarbeitet: Das Bewerbungsverfahren wird sich stark ver?ndern. Damit es m?glichst reibungslos l?uft, haben wir unser Personal für die Austauschprogramme fast verdoppelt. Zus?tzlich ist eine neue Software im Gespr?ch, mit der die Bewerbung digital erfasst und einfach und schnell bearbeitet werden kann.  

Normalerweise hatten wir immer zwei Bewerbungstermine für die Austauschprogramme – einen für ?bersee und einen für die Europa-Programme. Mit 1.000 Bewerbern geht das nicht mehr, weil das Auswahlverfahren sonst zu lange dauern würde. Es wird deswegen ab dem WS 2012/13 nur noch einen Termin für alle Programme geben, den 1. Dezember. Ich sch?tze, dass wir dann für bis zu etwa 500 Studierende ein Stipendium anbieten k?nnen – d.h. einen Gebührenerlass an den Partnerhochschulen und für viele zus?tzlich noch ein Mobilit?tsstipendium im Rahmen des Erasmus-Programms in Europa. Bis Ende Januar 2013 wollen wir den Studierenden mitteilen, ob sie im Rahmen der Austauschprogramme einen Platz bekommen haben und mit einem Stipendium ins Ausland gehen k?nnen, oder ob sie sich selbstst?ndig um einen Studienplatz im Ausland bewerben müssen. Zeit genug dafür haben wir dann noch und auch diese Studierenden bekommen natürlich Hilfe von uns.

Welche M?glichkeiten haben denn diejenigen, die kein Stipendium bekommen?

Wir haben die letzten Wochen bereits dazu genutzt, 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网e zu weiteren ausl?ndischen Universit?ten zu knüpfen. Diese k?nnen uns zwar keine Austauschprogramme anbieten, aber doch sehr attraktive Rabatte für die Studiengebühren. Das betrifft vor allem die angloamerikanischen L?nder, in die unsere Studierenden besonders gerne gehen. Diese Vorliebe ist insofern etwas problematisch, weil wir schon immer mehr Andrang bei unseren Studierenden hatten als umgekehrt. Für einen Austausch müsste n?mlich ein ausl?ndischer Studierender genug Sprachkenntnisse haben, um hier in Deutschland studieren zu k?nnen – und wollen muss er es au?erdem auch noch. Darüber hinaus haben gerade die angloamerikanischen L?nder leider die teuersten Studiengebühren der Welt.  

Woran liegt das?

Pr?sident Godehard Ruppert erkl?rte erst vor kurzem beim Dies academicus, Bildung sei keine Ware und solle es auch nicht werden. Das stimmt für Deutschland, im Ausland ist sie es inzwischen aber, und zwar fast überall. Diese Erfahrung werden die Studierenden machen müssen. In den USA und Gro?britannien nennt man den Bildungsbereich heute schon die ?educational industry“. Die Briten haben ihre Studiengebühren innerhalb weniger Jahre zwei Mal verdreifacht. Es gibt in den angloamerikanischen L?ndern kaum noch eine Universit?t, an der man unter 10.000 Euro pro Studienjahr einen Platz bekommt – und nach oben sind die Grenzen offen.

Wie wollen Sie trotzdem Studierende in diese L?nder vermitteln?

Wir basteln schon jetzt an attraktiven Programmen, die nicht über einen Austausch laufen. Derzeit führen wir Gespr?che mit je einer Universit?t in den USA, in England, Kanada und Schottland. Diese Unis sind bereit, jeweils etwa 15 bis 20 Studierende mit vergünstigten Studiengebühren aufzunehmen, also insgesamt 60 bis 80 Studierende. Ein Rechenbeispiel: Eine der Universit?ten ist eine kleine, aber feine Privatuniversit?t in den USA, an der ein Studienjahr normalerweise 30.000 Dollar kostet. Unsere Studierenden k?nnten für ein Drittel, also für 10.000 Dollar bzw. zurzeit etwas über 7.000 Euro dort ein Jahr studieren. Das ist immer noch sehr viel Geld. Wer sich aber den Traum von einem Studium in Amerika erfüllen m?chte, der muss wissen, dass es den dort nicht geschenkt gibt. Diese erm??igten Gebühren erm?glichen aber immerhin ein paar Studierenden mehr, ein solches Studienjahr in Betracht zu ziehen – zumal BAf?G-Empf?nger beantragen k?nnen, dass ihnen nach dem jetzigen Stand bis zu 4.600 Euro an Studiengebühren erstattet werden.  

Welche M?glichkeiten gibt es im nicht angloamerikanischen Raum?

In anderen L?ndern ist das Studium in der Regel nicht so teuer, beispielsweise an staatlichen Universit?ten in Spanien oder in Frankreich, wo die Gebühren h?ufig noch unter dem Satz liegen, den man zurzeit in Bayern zahlen muss. Allerdings sollten die Studierenden bedenken, dass ein Auslandsaufenthalt schnell ein kostspieliges Vergnügen werden kann, wenn man unbedingt in eine gro?e Metropole m?chte. In London zahlt man für ein Zimmer im Studentenwohnheim 700 bis 800 Euro im Monat – das ist einfach viel teurer als in Bamberg. Ein Auslandsaufenthalt in einer kleineren Stadt ohne Stipendium ist also oft billiger als ein Studium in einer Metropole mit einem Stipendium. Es gibt in Frankreich und Spanien durchaus Universit?ten, an denen die Studiengebühren und Lebenshaltungskosten nicht wesentlich h?her sind als in Bamberg, aber eben nicht in Paris oder Madrid.

Was müssen die Studierenden jetzt beachten?

Zuerst sollten sie alle Informationsm?glichkeiten nutzen, die wir ihnen bieten: die Informationsabende, die Broschüren und unsere Internetseite. Dann sollten sie verstehen, dass die Initiative für ihren Auslandsaufenthalt von ihnen selber kommen muss: Wer sich nicht um einen Studienplatz und ein Stipendium bewirbt, der bekommt auch keines von beiden. Und gerade im kommenden Jahr ist es wichtig, die Bewerbungsfrist unbedingt einzuhalten. Bereits im Vorfeld der Bewerbung muss jeder selber überlegen: Wo m?chte ich ein Jahr nicht nur studieren, sondern auch leben? Welche Partneruniversit?ten kommen dafür in Frage? Wie viel Geld habe ich für meinen Auslandsaufenthalt zur Verfügung? Werden meine Sprachkenntnisse ausreichen?

Wie sieht das Bewerbungsverfahren aus?

Ob es mit einem Platz in den Austauschprogrammen und damit mit einem Stipendium klappt, h?ngt von verschiedenen Faktoren ab. Stipendien werden grunds?tzlich nach Leistung vergeben, und nicht nach dem Studienfach. Für uns z?hlt, ob die Studierenden sich bisher im Studium bew?hrt haben und ob sie gute Ideen haben: Sie müssen eine Antragsbegründung schreiben und darin klarmachen, warum wir sie ausgerechnet in dieses Land an diese Universit?t schicken sollen – und das auch noch mit einem Stipendium. Darüber sollte man sich Gedanken machen. Eine Antragsbegründung, in der steht ?Ich muss laut Prüfungsordnung ins Ausland, also organisiert mir etwas“ – das reicht nicht …

Wie sehen Sie die Zukunft?

Es ist eine gro?e Herausforderung, den doppelten Abiturjahrgang zu betreuen, aber ich bin wirklich optimistisch. Die Weichen haben wir gestellt. Wenn die Studierenden jetzt noch mitziehen, dann werden wir diesen gro?en Schwung an Studierenden gut über die Autobahn und unsere zus?tzliche Standspur ins Ausland bekommen, ohne dass es zu einem Stau kommt. Und wer wei?, vielleicht knacken wir dann ja tats?chlich die Tausender-Marke an Auslandsaufenthalten in einem Jahr?