Die Zukunft der deutschen Sprache wird sich in Europa entscheiden, denn hier hat sie ihren Ursprung. (alle Bilder: Teilnehmer der Berlinexkursion)

Das Ausw?rtige Amt in der deutschen Bundeshauptstadt Berlin.

Seit 2001 ist das Hauptstadtbüro des Goethe-Institutes in Berlin ans?ssig.

Stand den Kursteilnehmer Rede und Antwort: Der oberf?nkische Bundestagsabgeordnete Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU).

Kultur- und Sprachpolitik der künstlerischen Art: Russische Graffiti im Deutschen Bundestag.

- Iris Breker

?Jeder für sich und alle gemeinsam“

Germanistisches Hauptseminar auf den Spuren ausw?rtiger Kultur- und Sprachpolitik

Wer die kulturellen Gemeinsamkeiten Europas sucht, landet früher oder sp?ter immer bei der Ausw?rtigen Kulturpolitik. Kein Land, das nicht versuchte, sich und seine Kultur im Ausland zu pr?sentieren, um Partner zu gewinnen und für sein eigenes Land zu werben. Und natürlich auch kein Land, das sich dabei nicht auf seine europ?ische Identit?t berufen und seinen Willen zur Integration des Kontinents bekunden würde.

Doch wie europ?isch und wie integrierend sind die nationalen Au?enkulturpolitiken mit ihren unterschiedlichen Strukturen, Traditionen und Zielen wirklich? Zwei Dutzend Studierende des Fachbereiches Germanistik, genauer der germanistischen Sprachwissenschaft, unter der Leitung von Prof. Dr. Helmut Glück begaben sich auf die Spurensuche nach der europ?ischen ?ffentlichkeit und fragten nach, wie Defizite an innereurop?ische Diskussion und kultureller Neugier abgebaut werden k?nnen.

Spur 1: Das Deutsche in der internationalen Sprachpolitik

Ausgangspunkt war die internationale Sprachpolitik, in der das Deutsche bis zum 20. Jahrhundert für etwa 100 Jahre weltweit eine zentrale Rolle spielte. In den vergangenen Jahrzehnten hat es seinen vorherigen Status teilweise verloren, vor allem in Folge der beiden Weltkriege und des Aufstiegs des Englischen zur Weltsprache – hierbei spielt vor allem die so genannte ?Sprachverbreitungspolitik“ eine nicht zu untersch?tzende Rolle. In Deutschland wird diese Politik von den jeweiligen Regierungen bestimmt, beispielsweise durch die Entsendung von Lektoren, durch die Arbeit der Goethe-Institute, durch Kulturprogramme und den Im- und Export von Literatur, Radio- oder Fernsehprogrammen. Die Zukunft der deutschen Sprache entscheidet sich in Europa, denn hier hat sie ihren Schwerpunkt. Aus diesen Gründen wendet die deutsche Politik seit einigen Jahren der Stellung der deutschen Sprache in Europa mehr Aufmerksamkeit zu als früher. Jedoch mangelt es der Sprachpolitik noch an theoretischer Konsistenz und praktischer Konsequenz.

Ausgestattet mit theoretischem Hintergrundwissen begab sich deshalb das Hauptseminar ?Die ausw?rtige Kultur- und Sprachpolitik Deutschlands“ auf eine praktische Reise in die deutsche Landeshauptstadt Berlin: Dort gingen die Teilnehmer den gegenw?rtigen Spuren der ausw?rtigen Kultur- und Sprachpolitik und dem Wandel des Deutschen in der internationalen Sprachpolitik nach.

Spur 2: Das Ausw?rtiges Amt

Die Metalldetektoren geben grünes Licht und die erste Aufregung angesichts dieses ehrwürdigen Geb?udes legt sich: ?Ja, man schlürfte bereits kurze Zeit sp?ter sehr selbstbewusst seinen ersten, ausw?rtigen Kaffee“, so Anna Schmieden und Ines Jeske, beide Teilnehmerinnen des Seminars. Als stellvertretender Leiter der Grundsatz- und Strategieabteilung gibt Thomas Schmitt den Bamberger Studierenden einen groben ?berblick über die Ausw?rtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP). Vor dem Hintergrund staatlicher Sparzw?nge und gesellschaftspolitischer Ver?nderungen, etwa der Globalisierung, steht die AKBP heute vor neuen Herausforderungen. Durch ?privat-?ffentliche Partnerschaften“ wird versucht, eine engere Kooperation zwischen ?ffentlichen und privaten Tr?gern zu erreichen. ?Private Stiftungen haben die finanziellen Mittel und sind bereit, sich für Kultur- und Sprachpolitik zu engagieren“, unterstrich Schmid. Nach dem Rückgang der finanziellen Leistungsf?higkeit durch den Staat führte auch die zunehmende Globalisierung zu einer Neuorientierung. Eine neue Schwerpunktaufgabe ist in diesem Zusammenhang die F?rderung des Kulturdialogs, um m?gliche Konflikte zu vermeiden und Krisen zu bew?ltigen. Au?erhalb der Europ?ischen Union versuchen einzelne L?nder dort, wo es sich anbietet, gemeinsam neue Strukturen zu entwickeln. Beispielsweise ist ein gemeinsames deutsch-franz?sisches Kulturinstitut in Moskau geplant. ?Wir machen zwar als Europ?er viel gemeinsam, aber wir machen auch in Zukunft keine gemeinsame Kulturpolitik. Das muss sich ?ndern."

Spur 3: Sch?nhauser Stra?e 20: Goethe-Institute als Schaufenster für die ausw?rtige Kulturpolitik 

Das Hauptstadtbüro des Goethe-Instituts fungiert als Schaltstelle zwischen der Münchner Zentrale des Goethe-Instituts und der Bundeshauptstadt Berlin. Seit 2001 ist es in Berlin ans?ssig und gliedert sich in vier Abteilungen: Sponsoring, 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网- und ?ffentlichkeitsarbeit, Forum Goethe-Institut und Politik. Alle vier Bereiche tragen wesentlich dazu bei, die Arbeit des Institutes im Ausland, aber auch in Deutschland vorzustellen und damit transparent zu machen.

Seit zwei Jahren leistet Dr. Ulrike Tontsch Lobbyarbeit für das Goethe-Institut und schafft damit eine Verbindung zwischen der politischen und der kulturellen Welt. Zu ihren Aufgaben z?hlt die Suche nach Kommunikationsmitteln, die zur gegenseitigen Verst?ndigung dienen, um die Interessen des Goethe-Institutes kompetent gegenüber der Politik und der Wirtschaft vertreten zu k?nnen. ?Entscheidend für das Erreichen der eigenen Ziele ist es, sich mit den politischen Entscheidungsabl?ufen und Hierarchien vertraut zu machen. Zudem ben?tigt man ein gewisses Gespür für Schlüsselfiguren. Ferner ist eine gute Zusammenarbeit mit den Referenten der Abgeordneten und den Sprechern der Fraktionsvorsitzenden ausschlaggebend. Besonders der 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 zum Haushaltsausschuss spielt eine bedeutende Rolle“, so Tontsch. Das Verh?ltnis zwischen Parlament und Goethe-Institut kommt einem Wechselspiel gleich – das Goethe-Institut leistet mit dem Geld aus dem Bundeshaushalt eine Form von Friedensarbeit.

Spur 4: Teilnehmer eines Oberstufenkurses hautnah 

Eine Befragungsrunde der besonderen Art hatte sich der Lehrer eines Oberstufenkurses am Goethe-Institut ausgedacht: ?Er bat uns, uns in Kleingruppen zu jeweils etwa drei Personen zusammenzufinden und uns in einem gro?en Kreis aufzustellen. Die Deutschlehrer befanden sich im Inneren des Kreises und gingen einzeln von Gruppe zu Gruppe, jeweils nach dem Ablauf einiger Minuten“, berichtet der Bamberger Student Rolf Lernhart. ?Witzig in diesem Zusammenhang war die ?u?erung einer franz?sischen Lehrerin, deren Meinung nach genau dies typisch Deutsch sei – zwanghaftes Organisieren.“

Spur 5: Besuch in der Domstadt Bamberg

Eine weitere Begegnung mit der ?Praxis“ fand am 7. Juli 2005 statt, und zwar dieses Mal nicht in der Bundeshauptstadt, sondern direkt in Bamberg: Der oberfr?nkische Bundestagsabgeordnete Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU), Mitglied des Ausw?rtigen Ausschusses, war zum Zeitpunkt der Exkursion nicht in Berlin, aber bereit, dem Seminar in einer regul?ren Sitzung zu einem Gespr?ch zur Verfügung zu stehen. Sein Eindruck von der Diskussionsrunde mit den Kursteilnehmern: ?Eine offene, viele Aspekte einbeziehende Debatte, die den hoch gesetzten Anspruch eines (selbst)kritischen Diskurses jederzeit zu erfüllen wusste. Das hohe Niveau der Fragen stellte eine zus?tzliche Bereicherung dar. Demnach war das Seminar nahezu zwangsl?ufig bereits ein Beitrag zur ausw?rtigen Kultur- und Sprachpolitik.“

Die Studierenden kamen aus unterschiedlichen Studienschwerpunkten, nicht nur aus dem Schwerpunkt Deutsch als Fremdsprache, und die Zahl der ausl?ndischen Studierenden lag – wie üblich – über dem Durchschnitt. Die Exkursion hat ihre Ziele erreicht: Das Seminar begegnete im Reichstag einem Politiker, der die Ausw?rtige Kultur- und Sprachpolitik mitgestaltet, hatte im Ausw?rtigen Amt Gespr?che mit Beamten, die diese Politik in konkrete Konzepte umsetzen, und traf schlie?lich im Goethe-Institut Berlin und in einer Reihe ausl?ndischer Kulturinstitute mit Personen zusammen, die im Auftrag ihrer Regierungen deren ausw?rtige Kultur- und Sprachpolitik praktisch werden lassen. ?Es bleibt zu hoffen, dass dieses Seminar Folgen hat, dass es neugierig gemacht hat auf weitere praktische Erfahrungen. Dann w?re das Seminar selbst ein sehr kleiner, aber doch selbst?ndiger Beitrag zur ausw?rtigen Kultur- und Sprachpolitik Deutschlands geworden“, so das Fazit von Prof. Dr. Helmut Glück. Der erste Schritt w?re getan.