Rekonstruktion des goldenen Kultb?umchens, dem Hauptfund der Ausgrabungen in den 80er Jahren.

Prof. Dr. Susanne Sievers (2. von rechts) vom Arch?ologischen Institut Frankfurt am Main mit den Veranstaltern des Arch?ologischen Kolloquiums.

Entstehung und Untergang einer keltischen Siedlung

Prof. Dr. Susanne Sievers er?ffnet das Arch?ologische Kolloquium

Bereits im 19. Jahrhundert wurden erste Grabungen in dem südlich der Donau gelegenen Ort Manching durchgeführt. Heute geh?rt die keltische Siedlung, die man dort fand, zu den am besten erforschten der Eisenzeit. Umfangreichere Ausgrabungen begannen 1955 unter Werner Kr?mer im Auftrag der R?misch Germanischen Kommission des Deutschen Arch?ologischen Instituts in Frankfurt am Main, die seit 1984 von Prof. Dr. Susanne Sievers geleitet werden. In ihrem Vortrag am 9. November 2010 stellte sie die wechselvolle Geschichte der Siedlung und die Ergebnisse der Ausgrabungen von 1996 bis 1999 vor.

Warum ist gerade diese Lage geeignet für eine solch gro?e Siedlung? Sievers erl?utert, dass Manching in der Eisenzeit eine Art ?Scharnierfunktion zwischen Ost und West, Nord und Süd“ inne hatte. Grund dafür war ein Feuchtgebiet um den Ort, der selbst auf einer Niederterrasse der Donau lag. Wer das Moor durchqueren wollte, kam an Manching vorbei. Eine erste offene Siedlung, die sich in den folgenden 100 Jahren zu einer lockeren Bebauung mit kleineren Wohnvierteln und Getreidespeichern entwickelte, ist schon um 300 v. Chr. nachweisbar. Pfeilerrückst?nde und Erdverfüllungen geben über die Architektur der Geb?ude Auskunft.

Bis ca. 100 v. Chr. entwickelte sich Manching zu einer bedeutenden, befestigten Stadt – einem Oppidum. Es wurden Tore gebaut, um sich vor Feinden zu verteidigen und es etablierten sich zweigeschossige Kultbauten und ein Handwerkerviertel. Die vielen Bauphasen, die durch die Grabungen auszumachen sind, verdeutlichen, dass es keine exakte Ortskonstanz gibt. Geb?ude wurden abgerissen und Neues errichtet, ?wir haben es st?ndig mit Baustellen zu tun“, beschreibt Sievers die historische Situation.

Die Siedlung als Gro?stadt und kultisches Zentrum

Zu den ?ltesten Funden der Grabungen geh?rt ein kleines ?Kultb?umchen“ – ein mit Blattgold überzogener Eichenzweig. Ein bisher einzigartiger Gegenstand, doch ?welche Funktion er hatte, wissen wir nicht“, muss Sievers einr?umen, ?aber er unterstützt einen Schwerpunkt, der mit Kult zu tun hat“. Ein weiterer wichtiger Fund ist ein Schatz mit 483 Goldmünzen. Doch deren Pr?gung ist für die Gegend untypisch und eher in M?hren und B?hmen zu verorten. Wie also sind die Goldmünzen nach Manching gekommen? Wurden sie von zugewanderten Siedlern mitgebracht? Von ihr angeregte Skelettuntersuchungen unterstützen eine solche Theorie, sagt Sievers.

Um 80 v. Chr. ?nderten sich die Funde pl?tzlich grundlegend. Es gibt keine Gro?bauten mehr, stattdessen findet man verbrannte Getreidevorr?te, eine Menge verbogener Waffen und Pfeilspitzen mitten in der Siedlung. Es k?nnten Hinweise für eine Krisenzeit sein, führt Sievers aus; vieles deute auf einen vernichtenden Kampf. Es folgten wohl der wirtschaftliche Niedergang und die allm?hliche Aufl?sung der Siedlung. Was genau geschehen ist, bleibt aber ein Geheimnis.

Neue geophysikalische Untersuchungen in Manching haben gezeigt, dass es um die schon vorhandenen Grabungen noch viel zu erforschen gibt. – Und dabei sieht man mit den angewandten technischen Methoden sogar sch?tzungsweise nur die H?lfte von dem, was tats?chlich im Boden stecken k?nnte. Ausgrabungen sind deshalb auch im 21. Jahrhundert unerl?sslich, appellierte Sievers am Ende an die angehenden Forscher. Denn jeder ergrabene Fund l?sst die Vergangenheit deutlicher scheinen und bringt uns eine untergegangene Kultur ein Stück n?her.

Einladung zu weiteren Vortr?gen

Das arch?ologische Kolloquium ist nicht nur für fachinterne Experten eine spannende Veranstaltungsreihe, gibt sie doch Einblicke in neuste Forschungsergebnisse zu unserer Geschichte. Die Reihe setzt sich mit sieben weiteren Vortragsabenden fort, die zweiw?chentlich dienstags um 19.15 Uhr im Hochzeitshaus am Kranen 12 im Raum 201 stattfinden.