Glaubenssache Krieg - eine Ausstellung im Museum Kirche in Franken zeigt unter anderem Feldpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg (Bilder: Lehrstuhl für Europ?ische Ethnologie).

Heidrun Alzheimer, hier bei ihrer Rede zur Er?ffnung der Ausstellung, ...

... hatte mit Mitarbeitern und Studierenden ihres Lehrstuhls zum Thema Glauben und Erster Weltkrieg geforscht und die Ausstellung erarbeitet.

Glaubenssache Krieg

Europ?ische Ethnologie konzipierte Ausstellung mit religi?sen Feldpostkarten

Krieg und Religion – heute wie gestern eine brisante Mischung. Ein Projekt des Lehrstuhls für Europ?ische Ethnologie besch?ftigte sich mit religi?sen Postkartenmotiven und der Rolle der Feldseelsorge im Ersten Weltkrieg. Eine Ausstellung, die vom 21. M?rz bis 27. September im Bad Windsheimer Museum Kirche in Franken zu sehen ist, sowie ein 392 Seiten umfassender Begleitband sind das Ergebnis.

?Sopherl! Sopherl! Stirb nicht! Bleib am Leben für unsere Kinder!“ Das war der letzte Satz des ?sterreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand, ehe er kurz nach seiner Frau, der Erzherzogin Sophie, beim Attentat in Sarajewo starb. Das Paar war am 28. Juni 1914 im Auftrag des ?sterreichischen Kaisers Franz Josef I. in der Unruheprovinz Bosnien-Herzegowina unterwegs. Vier Wochen sp?ter begann der Erste Weltkrieg. Er wurde zun?chst zwischen dem Deutschen Reich und ?sterreich-Ungarn auf der einen und den Entente-M?chten Frankreich, Gro?britannien, Russland und Serbien auf der anderen Seite ausgetragen. 1918 befanden sich 25 Staaten und deren Kolonien mit insgesamt etwa Dreivierteln der damaligen Erdbev?lkerung im Kriegszustand. Die ?Urkatastrophe des Jahrhunderts“ (George F. Kennan) kostete rund 15 Millionen Menschen das Leben.

Studierende, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Lehrstuhls für Europ?ische Ethnologie der Universit?t Bamberg haben unter Leitung von Prof. Dr. Heidrun Alzheimer in Kooperation mit dem Museum Kirche in Franken in Bad Windsheim eine Ausstellung mit Bildpostkarten des Ersten Weltkrieges erarbeitet. Die Postkarten stammen mehrheitlich aus der Sammlung Dietrich Heber, Dachsbach. Am Samstag, 21. M?rz, wurde die Ausstellung in der voll besetzten Spitalkirche in Bad Windsheim er?ffnet. Sie ordnet religi?se Postkartenmotive in das geistige und politische Umfeld ihrer Entstehungszeit ein. Die Feldpost bef?rderte 1914-1918 sch?tzungsweise sieben Milliarden Feldpostkarten. Die Ethnologen dokumentieren solche mit Gebeten, Gebetparodien, religi?sen Liedern ?für den Kriegsmann“, mit Christus, Engeln und Heiligen als Begleiter, Tr?ster und Helfer an der Front, mit Herrschern und Helden, mit nationalreligi?sen Kulten wie der Herz-Jesu- oder der Michaelsverehrung.

Ein heiliger Krieg?

Den Weltkriegs-Postkarten ist gemein, dass sie nicht die brutale Realit?t des Krieges zeigen. Dafür sorgte die Zensur. Stattdessen propagierten sie Patriotismus und Siegeszuversicht. Auch die Fotografien des Kriegsalltags zeigen nur, was die ?ffentlichkeit sehen sollte. In der Gesamtschau muss man feststellen, dass die Mehrzahl der Postkartenmotive den Krieg verherrlicht, verharmlost und besch?nigt, denn das Leiden und Sterben war allt?gliches Risiko an der Front. Am Ende des Krieges hatte Deutschland 241.000 Gefallene zu beklagen.

Wer nach der Bedeutung des Religi?sen im Krieg fragt, st??t schnell auf die Rolle der Feldseelsorge. Milit?rgeistliche hielten Feldgottesdienste, kümmerten sich um Verwundete und Gefangene, leisteten Sterbenden Beistand, veranlassten eine ordnungsgem??e Bestattung und benachrichtigten die Hinterbliebenen. Sie überbrachten den Soldaten ?Liebesgaben“ aus der Heimat und verteilten Lesestoffe. Recherchen im Landeskirchlichen Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Nürnberg und im Archiv des Erzbistums Bamberg haben aber auch gezeigt, dass Feldgeistliche als Offiziere im Dienst ihrer Regierungen die nachlassende Kriegseuphorie der Soldaten bek?mpften. Sie rechtfertigten den Krieg als ?heilig“ und verkl?rten das Sterben der Soldaten als M?rtyrertod für das Vaterland.

Die Postkarten-Pr?sentation wird erg?nzt durch Alltagsgegenst?nde aus der Zeit von 1914-1918. Das Deutsche Rundfunkarchiv hat Originalaufnahmen mit Liedern des Ersten Weltkriegs und einen Ausschnitt aus einem Feldgottesdienst von 1914 zur Verfügung gestellt. Eine kommentierte PowerPoint-Pr?sentation erlaubt die Sicht auf Motive, die aus Platzgründen in der Ausstellung nicht im Original gezeigt werden k?nnen. Die Ausstellung wird noch bis 27. September im Museum Kirche in Franken in Bad Windsheim zu sehen sein.

Weitere Informationen:

Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert. Anfragen nimmt Frau Carola Wolf, Sekretariat des Lehrstuhls für Europ?ische Ethnologie, Tel. 0951/863-2329, euroethno(at)uni-bamberg.de entgegen.

Zur Ausstellung ist ein Begleitbuch erschienen: Glaubenssache Krieg. Religi?se Motive auf Bildpostkarten des Ersten Weltkrieges, hg. v. Heidrun Alzheimer unter redaktioneller Mitarbeit von Stephanie B?? und Fred G. Rausch (= Schriften und Kataloge des Fr?nkischen Freilandmuseums, Band 55). Bad Windsheim 2009, 392 S. – ISBN 978-926834-70-6. – Preis: 19,– EUR (zu beziehen im Buchhandel und in der Ausstellung; für Studierende der Universit?t Bamberg organisiert das Sekretariat des Lehrstuhls für Europ?ische Ethnologie eine Sammelbestellung).