Frederik Fr?hlcke studiert ohne allgemeine Hochschulreife Wirtschaftsinformatik (Foto: Andrea L?sel)

Alternative Studienformen gesucht?

Teil 1: Studium ohne Abitur für beruflich Qualifizierte

 

Frederik Fr?hlcke studiert in Bamberg im vierten Semester den Bachelorstudiengang Wirtschaftsinformatik: ?Technik hat mich schon immer begeistert.“ Dann erz?hlt er, wie er als Zehnj?hriger seinen ersten Computer geschenkt bekam, wie er anfing, Webseiten zu programmieren und kleine PC-Reparaturen durchzuführen. Wer ihm das beigebracht hat? Na, niemand. Er sich selbst. Doch die Ausbildungsstellen im IT-Bereich waren dünn ges?t, als er schlie?lich seinen Realschulabschluss in den H?nden hielt. Au?erdem: Bestnoten hatte er nicht unbedingt vorzuweisen. Fr?hlcke absolvierte eine Ausbildung zum Kaufmann im Gro?- und Au?enhandel. Seine Leidenschaft für Informatik lie? ihn aber auch in diesem Beruf nicht los: ?Wenn ein PC kaputt war oder eine neue Software installiert werden musste, habe ich das übernommen.“ Nach Abschluss seiner Ausbildung wechselte er kurzerhand in die IT-Abteilung des Unternehmens. ?Dort war ich drei Jahre lang für die Entwicklung und Realisierung verschiedener elektronischer Kommunikationswege zwischen der Firma und den Kunden und Lieferanten zust?ndig“, erz?hlt Fr?hlcke und nennt im selben Atemzug noch zig weitere Aufgabenbereiche. Und genau das, die Vielfalt der unterschiedlichen IT-Projekte, mache für ihn den Reiz an der Arbeit im IT-Sektor aus: ?Bei jedem Projekt muss man sich neu einarbeiten, st??t auf Schwierigkeiten, bei denen man zun?chst keinen Plan hat, wie man diese angeht.“

Gesetzgeber ?ndert Hochschulzugangsberechtigung

Bald stellt Fr?hlcke jedoch fest: ?Mit einem Studium stehen mir beruflich wesentlich mehr Optionen offen.“ Dass er mit seinem an einer Abendschule nachgeholten Fachabitur keine allgemeine Hochschulreife erlangt hat, ist für Berufst?tige wie ihn seit 2008 kein Hindernis mehr. Denn in diesem Jahr einigte sich die Hochschulrektorenkonferenz auf eine ?Neuordnung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte“ und formulierte das Ziel, den sogenannten dritten Bildungsweg zu vereinfachen. Im M?rz 2009 stellte die Kultusministerkonferenz einheitliche Regelungen für den Hochschulzugang ohne Abitur auf: Wer wie Frederik Fr?hlcke eine mindestens zweij?hrige Berufsausbildung abgeschlossen hat und mindestens drei Jahre Berufserfahrung vorweisen kann, darf demzufolge in einem fachlich verwandten Bereich ein Studium beginnen. Inhaber eines Meistertitels k?nnen ein Fach ihrer Wahl studieren, ohne eine Eignungsprüfung ablegen zu müssen. Ihr Abschluss ist somit der allgemeinen Hochschulreife, dem Abitur, gleichgesetzt.

Bewerbungsschreiben, Beratungsgespr?ch, Immatrikulation

Vor diesem Hintergrund entschied sich Fr?hlcke kurzentschlossen für ein Studium und w?hlte das Fach Wirtschaftsinformatik in Bamberg: ?Die Mischung aus BWL, Projektmanagement und Informatik ist genau das, was ich in den letzten Jahren gemacht habe.“ Von der Bamberger Wirtschaftsinformatik hatte er bereits von einer Freundin allerhand Gutes geh?rt. Nach einem Telefonanruf in der Studentenkanzlei verfasste er noch am selben Tag sein Bewerbungsschreiben: ?Auf dem Papier bin ich ein Kaufmann mit Berufserfahrung im IT-Bereich – nun musste ich darlegen, warum ein Wirtschaftsinformatikstudium meinem bisherigen Werdegang entspricht.“ Dann folgte ein Beratungsgespr?ch bei der Zentralen Studienberatung – obligatorisch für alle Studieninteressierten ohne Abitur. Hierbei geht es darum, den Studierenden aufzuzeigen, welche Anforderungen im Studium an sie gestellt werden und welche Inhalte es umfasst. Nach einer knappen Stunde erhielt Fr?hlcke einen Beratungsschein. Den legte er zusammen mit einer Ausbildungsbescheinigung und einem Nachweis seiner Berufst?tigkeit bei der Immatrikulation vor.

?Ein gro?er Schritt“

Für sein Studium kündigte Fr?hlcke seine Arbeitsstelle: ?Es ist ein gro?er Schritt, eine Festanstellung und die damit verbundene finanzielle Sicherheit aufzugeben.“ Mit elternunabh?ngigem BAf?G und zwei Arbeitsstellen finanziert er sein Studium: 30 Stunden pro Monat arbeitet er als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Industrielle Anwendungssysteme (IAWS). Als die Stelle im August 2011 ausgeschrieben wurde, setzte sich Fr?hlcke gegen seine Mitbewerber durch – dank seiner Praxiserfahrung. Zudem ist er in seiner alten Firma als Werkstudent t?tig: ?Auf diese Art und Weise halte ich den 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 zu meinem alten Arbeitgeber und kann nach Abschluss des Bachelor-Studiums hoffentlich wieder einsteigen.“ Schlie?lich habe ihm die Arbeit dort sehr viel Spa? gemacht. Und noch einen Vorteil sieht Fr?hlcke in dieser ungew?hnlichen Studienform: ?Anders als viele meiner Kommilitonen ohne Berufserfahrung wei? ich jetzt schon, weshalb und mit welcher Zielsetzung ich Wirtschaftsinformatik studiere.“ Dementsprechend w?hlt er bereits jetzt seine Kurse nach dem Kriterium aus, ob die Inhalte für seine sp?tere Berufst?tigkeit von Nutzen sein werden.

Theorie als Herausforderung

Die Begeisterung für das eigene Fach und die konkreten Berufsperspektiven tragen Fr?hlcke durch das Studium. ?Bei ein paar Dingen tue ich mich schwerer als meine Kommilitonen“, gibt er zu: ?Gerade bei Mathe und Englisch fehlt es mir an Grundlagenwissen.“ Punkten kann er dagegen in den praxisorientierten Informatik-Veranstaltungen. Mit einer geh?rigen Portion Flei? und Ehrgeiz hat er nach den ersten beiden Semestern die Zielvorgabe von 40 ECTS-Punkten erfüllt. Dieses ?Probestudium“ verlangt der Gesetzgeber von beruflich Qualifizierten mit fachgebundenem Hochschulzugang, nur dann darf weiterstudiert werden. ?Ganz sch?n knapp war’s“, schmunzelt Fr?hlcke und ist froh, sich an das Abenteuer Studium herangewagt zu haben. ?Mir war, als ich angefangen habe, klar: Wenn nicht jetzt, dann nie!“

Zahlen und Fakten rund um das Studium für beruflich Qualifizierte an der Uni Bamberg

Im Wintersemester 2011/12 schrieben sich 2862 M?nner und Frauen neu ins erste Semester für ein Studium an der Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg ein. In die Kategorie der beruflich Qualifizierten ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung fielen davon etwa ein Prozent (28 Personen). Derzeit sind 96 Studierende mit beruflicher Qualifikation an der Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg immatrikuliert. Etwa ein Drittel davon im Bachelorstudium Betriebswirtschaftslehre. Stark vertreten sind auch P?dagogik beziehungsweise Sozialp?dagogik und Lehramts-Studieng?nge. Doch das F?cherspektrum der beruflich Qualifizierten ist breit: Es umfasst beispielsweise auch die Studieng?nge 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网, Wirtschaftsp?dagogik, Germanistik, Slawistik und Arch?ologie.