Leben oder Schreiben: Der Erz?hler Warlam Schalamow

Eine Ausstellung des Literaturhauses Berlin in der Teilbibliothek 4

Ausstellungser?ffnung am Mittwoch, 13.04.2016, um 19.00 Uhr in der Teilbibliothek 4

Programm

Begrü?ung
Dr. Fabian Franke
Direktor der Universit?tsbibliothek Bamberg

Prof. Dr. Elisabeth von Erdmann
Lehrstuhl für Slavische Literaturwissenschaft

Gru?wort
Dr. Dagmar Steuer-Flieser
Kanzlerin der Otto-Friedrich-Universit?t

Lesung aus Werken von Warlam Schalamow
Dr. Erna Malygin und Eugeniya Ershova

Rundgang durch die Ausstellung
Christina Links
Kuratorin der Ausstellung

Kuratoren: Wilfried F. Schoeller und Christina Links
Gestaltung: unodue{ (Costanza Puglisi und Florian Wenz)

In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Slavische Literaturwissenschaft und der Universit?tsbibliothek Bamberg

Ausstellungsdauer: 14.04.2016 - 12.06.2016

Ausstellungsort: Teilbibliothek Sprach- und Literaturwissenschaften (TB 4), Heumarkt 2

?ffnungszeiten:
Montag - Freitag     08.30 - 24.00 Uhr
Samstag, Sonntag  10.00 - 20.00 Uhr

Eintritt frei

Katalog zur Ausstellung in der Teilbibliothek 4 erh?ltlich
 

Warlam Schalamow (1907 - 1982) verbrachte viele Jahre in sowjetischen Arbeitslagern. ?ber diese Lagerzeit schrieb er sp?ter in seinen Erz?hlungen aus Kolyma. Die multimediale Ausstellung führt mit Texten, Fotos, Videos und Objekten aus der Lagerwelt in das Leben und Werk von Schalamow ein. Zu seinen Lebzeiten wurden in der UdSSR nur fünf kleine Gedichtb?nde von ihm ver?ffentlicht. Ab 2007 erscheinen seine Werke in deutscher ?bersetzung im Verlag Matthes & Seitz. Seitdem wird der Schriftsteller in Deutschland zunehmend wahrgenommen.

 

Leben oder Schreiben. Der Erz?hler Warlam Schalamow

Die Kolyma ist ein Flu? im Nordosten Sibiriens, der nach rund 2000 Kilometern ins Ostsibirische Meer mündet. Nach ihm ist auch eine riesige Region Ru?lands benannt. Vor allem wegen ihrer Bodensch?tze wurde sie in der Zeit des Stalinismus unter gewaltigem Einsatz von Zwangsarbeitern und H?ftlingen industriell erschlossen: In weniger als einem Jahrzehnt wurde ab 1929 ein gigantischer Komplex von Bergwerken, Industrieanlagen und Konzentrationslagern errichtet, in dem Millionen Menschen extrem ausgebeutet wurden. Der eindrucksvollste literarische Zeuge aus dieser Landschaft der Abweisung, der K?lte, der Sümpfe, aus dieser menschlichen Verlorenheit im Raum, aus der Kolonie der Verfehlungen, der Willkür, des Strafens um seiner selbst willen, aus dem grausig-praktischen Reich des Geheimdienstes ist Warlam Schalamow (1907-1982).

Seine in der deutschen ?bersetzung von Gabriele Leupold vier B?nde umfassenden ?Erz?hlungen aus Kolyma" geh?ren zu jener Weltliteratur, die sich den Lagern, dem Zerbrechen der Humanit?t, dem Regime des B?sen als anthropologischem Exerzitium widmet. Warlam Schalamow geh?rt in die n?chste Nachbarschaft von Primo Levi, Jorge Semprún und Imre Kertész, deren Berichte aus den Konzentrationslagern Buchenwald und Auschwitz zu den Menschheitszeugnissen über den Terror geh?ren. In dieser Bibliothek erscheint Schalamows Werk als unerbittliches Dokument, das den Leser einem Praktikum an menschlichem Horror, Verlorenheit, Verrat am Menschentum aussetzt, ihn aber auch mit den Siegen des moralischen ?berlebenswillens und dem Glück des rettenden Zufalls vertraut macht.

Mehr als vierzig Jahre und verschiedener Anl?ufe hat es bedurft, diesen Schriftsteller mit seinem Werk in Deutschland einzubürgern. Da mit den ?Erz?hlungen aus Kolyma" und autobiographischen Zeugnissen aus anderen Lebensperioden Schalamows Hauptwerk auf Deutsch weitgehend vorliegt, wird es Zeit, sich seinem pers?nlichen Umri? vor dem Panorama der geschichtlichen Wenden zu widmen, wie es nun die von Wilfried F. Schoeller und Christina Links realisierte Ausstellung unternimmt, für die zahlreiche russische Archive und Museen Leihgaben zur Verfügung gestellt haben.

Warlam Schalamow hat erkannt, da? Auschwitz mit dem Gulag zusammenzudenken ist. Nicht gleichzusetzen, vielmehr: dem Vergleich auszusetzen und die Perspektive zu benennen, unter der dies geschieht. Es gilt, was die russische Menschenrechtsorganisation ?Memorial" 2007 an ?Thesen über das Jahr 1937 und die Gegenwart" ver?ffentlicht hat: ?Gulag, Kolyma, 1937 – das sind ebensolche Symbole des 20. Jahrhunderts wie Auschwitz und Hiroshima. Sie gehen über die Grenzen des historischen Schicksals der UdSSR oder Ru?lands hinaus und werden zu einem Zeugnis für die Brüchigkeit und Labilit?t der menschlichen Zivilisation, für die Relativit?t der Errungenschaften des Fortschritts, zu einer Warnung vor der M?glichkeit künftiger katastrophaler Rückf?lle in die Barbarei."