Kirche wirtschaftet!

Im Rahmen des Theologischen Forums im Wintersemester 2015/16 hielt Kirsten Straus, Direktorin für den Zentralbereich Ressourcen im Bistum Trier, am 19. November 2015 einen Vortrag mit dem Titel ?Kirche wirtschaftet: Geist oder Rationalit?t?“.

In seiner Einführung stellte Prof. Dr. Thomas Wei?er (Laubach), Inhaber des Lehrstuhls für Theologische Ethik, heraus, dass innerhalb der letzten Jahre die Frage nach Geld im kirchlichen Kontext zur ?Gretchenfrage“ geworden ist. Im Anschluss daran bearbeitete die Referentin Kirsten Straus das Thema ausgehend von der Gegenüberstellung von ?Geist“ und ?Rationalit?t“ im wirtschaftlichen Handeln, führte Gründe für diesen Antagonismus auf und entwickelte Vorschl?ge für ein ?konomisch verantwortetes Handeln der Kirche.

Dieser im Titel des Vortrages aufgegriffene vermeintliche Gegensatz Geist vs. Rationalit?t sei – so Straus – im wirtschaftlichen Kontext nicht haltbar. Die Kirche als wirtschaftliche Akteurin habe sich wie jeder andere wirtschaftliche Akteur am Prinzip der Nutzenmaximierung zu orientieren – nicht, wie h?ufig f?lschlicherweise angenommen, an einer Gewinnmaximierung. Laut Straus sei in dieser Hinsicht die Rede von Nutzen, Nutzentr?ger und (Kosten-)Nutzenfunktionen ein unpopul?rer und zugleich hoch komplexer Ma?stab. Doch gerade weil es jedes Mal neu zu überlegen gelte, welcher Nutzen angestrebt werden soll, werde die ?konomische Rationalit?t zum Hilfsmittel in Entscheidungsprozessen. Eine Gegenüberstellung von ?Rationalit?t“, die ein strukturgebendes Instrument darstelle, und dem ?Geist“, der die Frage nach Zielen und Inhalten aufwerfe, sei daher angesichts eines wirtschaftlichen Horizonts nicht fruchtbar.

Warum die (?konomische) Rationalit?t in der Praxis kirchlicher Verwaltungsarbeit dennoch oft dem ?Geist “ gegenüber-, bzw. diesem hintenangestellt wird, beantwortete Kirsten Straus im zweiten Teil ihres Vortrages. Auf Ebene einzelner Pfarreiverwaltungen begünstige die gegenw?rtige Situation Probleme hinsichtlich wirtschaftlicher Fragen: Es gelte angesichts des Rückgangs der Kirchenmitglieder und der damit verbundenen Kirchensteuereinnahmen gut zu wirtschaften. Dafür ben?tige Kirche Personal mit wirtschaftlichen Kompetenzen. Weiterhin stellen die Komplexit?t des Gesamtsystems Kirche als Gemeinschaft von Gl?ubigen sowie die nicht lediglich intuitiv zu steuernde wirtschaftliche Gesamtlage für kirchliches Agieren in Verwaltungs- und Finanzzusammenh?ngen gro?e Herausforderungen dar. Darüber hinaus er?ffneten sich durch Prinzipien, die – wie etwa das einer ?Armen Kirche“ – aus dem kirchlichen Selbstverst?ndnis erwachsen, oder durch Argumentationen, die sich auf das bisherige geschichtlich-institutionelle ?berdauern berufen, spezifische Spannungsfelder.

Auf dem Hintergrund dieser Gemengelage arbeitete Straus Forderungen für ein fruchtbares wirtschaftliches Handeln der Kirche heraus. Grunds?tzlich müsse man eine realistisch-fundierte Haltung gegenüber der ?konomie entwickeln und schulen sowie extern gegebene Bedingungen ernst nehmen – etwa, dass sich Kirche wirtschaftlichem Handeln oder dem gegebenen Finanzrahmen nicht entziehen kann. So k?nne die ?konomische Rationalit?t in einem überprüfbaren Prozess insofern als Hilfsmittel erschlossen werden, als sie ein Instrument zur Risikobew?ltigung zur Verfügung stelle und unter inhaltlichem Gesichtspunkt erm?gliche, Zielsetzungen kirchlichen Handelns zu bewerten und zu verfolgen. Die Schwierigkeiten liegen dabei laut der Referentin nicht bei der Ressourcenverwaltung, sondern in der Kirchengestaltung: So pl?dierte Kirsten Straus abschlie?end dafür, den überh?hten Gegensatz zwischen ?Geist“ und ?Rationalit?t“ zu entzaubern, analytisch aufzubrechen und ?konomische Rationalit?t als Instrument zu verstehen und zu nutzen, um Kirche bzw. den Umbruch zu gestalten. Sodass am Ende – ohne zentrale Aspekte des kirchlichen Selbstverst?ndnisses aufgeben zu müssen – gesagt werden kann: ?Kirche wirtschaftet!“.

Hinweis

Diesen Text verfasste Simon Steinberger. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.