Sicherheit f¨¹r alle: Polizeikultur in einer Einwanderungsgesellschaft
gef?rdert durch die VolkswagenStiftung
Projektleitung: PD Dr. Georgiana Banita
Migrationsnarrative sind immer auch Polizeigeschichten. Die Passkontrolle durch die Grenzpolizei bildet den ersten 188betÑÇÖÞÌåÓý±¸ÓÃ_188ÌåÓýƽ̨-Ͷע*¹ÙÍø des Ankommenden mit dem Gastland. Man wird freundlich durchgewinkt, vielleicht aber auch angehalten. Es sind Polizistinnen und Polizisten, die erkl?ren, dass die Einwanderung nicht gestattet ist, oder Gefl¨¹chteten mitteilen, dass sie ein Gesuch auf Asyl stellen d¨¹rfen. Im Land selbst ist es wieder die Polizei, die in komplexen Situationen ¨C Stichworte sind beispielsweise Rassismus oder Ausl?nderkriminalit?t ¨C eindeutige Handlungen zu vollziehen hat. Ob an der Grenze oder im Land: Polizeikr?fte bestimmen entscheidend den Einreise- und Integrationsprozess. Dank ihrer zentralen Rolle in der Gew?hrleistung der sozialen Ordnung geh?ren Polizisten zu den meist repr?sentierten Berufsgruppen der Alltagskultur. Umso interessanter ist die Frage nach dem Bild und auch dem Selbstbild der Exekutive als Vermittlerinstanz zwischen Ideen und Identit?ten, Moral und Mentalit?t, Norm und Devianz ¨C die doch ihrerseits immer in Bewegung sind. Die Relationen zwischen Polizei und Migranten werden damit dezidiert als ein kultureller Prozess verstanden, der mit linguistischen, literarischen und ?sthetischen Methoden untersucht werden muss. Auf der Grundlage von Wissensbest?nden aus ineinandergreifenden Bereichen der 188betÑÇÖÞÌåÓý±¸ÓÃ_188ÌåÓýƽ̨-Ͷע*¹ÙÍø Sozialwissenschaften, mit einem besonderen Augenmerk auf die amerikanische Mentalit?tsgeschichte als Gegenfolie zu Deutschlands vergangenen Erfahrungen mit dem Polizeistaat sowie zu aktuellen europaweiten Sicherheitsdebatten nach IS-Attentaten, unternimmt das Projekt durch Mikrolekt¨¹ren kultureller Artefakte aus Literatur, Film, Fotografie, Polizeididaktik, Werbung und Social Media sowie durch Makroreflexionen ihrer Zusammenh?nge die erste transdisziplin?re und komparative Kulturanalyse moderner Polizeiapparate.
Das Projekt setzt sich vier Ziele, dessen Ergebnisse verschiedene Zielgruppen erreichen sollen: 1) Es nimmt sich vor, kulturelle Unterschiede sowie Missverst?ndnisse in der Kommunikation zwischen Exekutive und Migranten zu untersuchen, um dadurch m?glichen Verz?gerungen oder Erschwerungen sowohl der Polizeiarbeit als auch der Integration vorzugreifen. 2) Es soll Politik und Gesellschaft mit vielf?ltigen Informationen zu aktuellen Herausforderungen der Sicherheitskr?fte versorgen. 3) Es soll sicherheitstechnische Bildung und Polizei-Wissen in der Bev?lkerung st?rken sowie eine Diskussion u?ber Demokratie und Gerechtigkeit anregen. 4) Durch pr?zise Terminologie und innovative Methodik will das Projekt das neue Forschungsfeld der Polizeikulturwissenschaft programmatisch sowie nachhaltig erschlie?en.
Das Projekt bedient sich einer Reihe von Methoden mit dem Ziel, die Geisteswissenschaften fu?r Polizeiarbeit als Untersuchungsgegenstand zu sensibilisieren.
Historische Motivforschung. Welche Muster lassen sich ¨C etwa in literarischen Fiktionen, Kino und Fernsehen oder in der Kunst ¨C in kulturellen Polizeibildern erkennen, die aus Begegnungen zwischen Exekutive und Minderheiten entstehen? Anhand eines detaillierten Motivkatalogs wird das Projekt die Hypothese testen, Polizeiarbeit sei erst mit dem Aufstieg spezifischer Randgruppen, die staatliche Anerkennung und Schutz anstrebten (Frauen im 19. Jahrhundert, sp?ter Migranten und ethnische Minderheiten), zum Kulturtopos avanciert. Die Untersuchung beginnt mit der Gru?ndung der Polizeiorganisation und ihrer Pr?ventionsphilosophie und fu?hrt danach durch verschiedene Epochen bis zu aktuellen signifikanten Eins?tzen und F?llen. Dabei wird unter anderem auf die Rolle der Polizei in totalit?ren Gesellschaften sowie auf historische Kriminalf?lle eingegangen.
Quantitative Bildtypenanalyse. Des Weiteren sollen jene Herausforderungen beleuchtet werden, die ein moderner, unvermittelter Zugang zu unkommentiertem Bildmaterial mit sich bringt. Dieser Zugang reicht von der Verbreitung von Polizei- und ?berwachungsvideos, u?ber den Einsatz medial wirksamer Protestfotografie, die Dokumentation von Unruhen und Ausschreitungen bis hin zur Rolle der sozialen Netzwerke in der Darstellung der Demonstrationen gegen rassistische Polizeigewalt.
Poetiken der ?berwachung. Das Projekt bedient sich der Methoden der Narratologie und Visual Studies um zu pru?fen, in welchem Ma?e die Alltagswahrnehmung migrantischer Devianz und Gefahr bereits in Erz?hltexten und Bildern impliziert wird. Die Reaktion auf solche (fiktive) ?berwachungspoetiken ist oft eine reale Intensivierung des disziplinierenden Blicks auf das Fremde. So zeichnet eine tendenzi?s-rassistische Politik der Aufmerksamkeit sowohl die Kriminalliteratur als auch das visuelle Programm fotografischer Werke, die Polizeiarbeit dokumentieren oder selbst von Polizisten aufgenommen wurden. Das Projekt n?hert sich verschiedenen Formen einer solchen formalen Verdachtspoetik an, die tief verankerten Mentalit?ten entspringt und wiederum unbewusst polizeiliche Interaktionen im Alltag pr?gt.
Die sogenannte ¡°Flu?chtlingskrise¡± und eine Reihe von fremdenfeindlichen Attentaten und Ausschreitungen (Heidenau, Chemnitz, Hanau) werfen brennende Fragen auf: Wie robust ist das Wertesystem der Bundesrepublik? Welche Konsequenzen k?nnte der Unmut einer Minderheit deutscher Staatsb¨¹rger nach sich ziehen, die sich lautstark gegen humanit?re Interventionen positioniert? Inwiefern versteht sich Deutschland als eine Einwanderungsgesellschaft? Und welche Rolle nehmen dabei die Polizeikr?fte ein? Die Beantwortung dieser Fragen soll k¨¹nftig zu einem reflektierteren Umgang mit der Situation in Wissenschaft und Gesellschaft beitragen.