Faszination Baikalregion

Die Baikalregion im Grenzgebiet zwischen Russland, der Mongolei und China - bis heute ein Mythos. Der Baikalsee ist das tiefste Gew?sser der Erde und steht als UNESCO-Weltnaturerbe unter internationalem Schutz. Eine Vielfalt von Ethnien und Kulturen konnte abseits der gro?en Verkehrsverbindungen Traditionen bewahren, die anderswo l?ngst ausgestorben sind. Nur wenige Deutsche kennen das Gebiet, und selbst in Russland ist nur wenig über Transbaikalien bekannt. Ein ?bersetzungsprojekt mit Bamberger Slavistikstudierenden m?chte diese faszinierende Region in den Fokus der deutschen ?ffentlichkeit rücken.

Transbaikalien und seine Erforschung im 19. Jahrhundert

Als Transbaikalien bezeichnet man ein Gebiet süd?stlich des Baikalsees, das heute zur Russischen F?deration geh?rt und an die Mongolei und China angrenzt. Neben Russen leben dort Vertreter verschiedener ethnischer Gruppen, unter denen die Burjaten die gr??te darstellen. Bis heute sorgt die Abgeschiedenheit dieses Gebietes dafür, dass sich dort Traditionen bewahren konnten, die anderswo ausgestorben sind. ?ber die einmalige Vielfalt der Natur um den Baikalsee, das tiefste Binnengew?sser der Erde, ist in Deutschland und Westeuropa nur wenig bekannt.

Selbst die russische Forschung zu Transbaikalien weist noch viele Lücken und Desiderate auf. Sie konnte sich erst in der zweiten H?lfte des 19. Jahrhunderts zunehmend ausdifferenzieren, wobei anfangs wenig Unterschiede zwischen biologischer, ethnographischer und soziologischer Forschung bestanden. Erst mit dem Ausbau der Infrastruktur (die Transsibirische Eisenbahn wurde erst 1891-1916 erbaut) gelangten mehr und mehr Personen mit einer wissenschaftlichen Ausbildung nach Transbaikalien. Nicht alle kamen freiwillig. Einen gro?en Teil der neuen Bewohner Transbaikaliens bildeten Verbannte und Strafgefangene. Unter ihnen waren zahlreiche Polen, die sich 1863 am Aufstand gegen das zaristische Regime beteiligt hatten.

Benedykt Dybowski als Verbannter und globalisierter Forscher

Auch Benedykt Dybowski (1833-1930), ein junger Professor für Zoologie in Warschau, hatte am Januaraufstand von 1863 teilgenommen. Nur knapp der Todesstrafe entronnen, wurde er zun?chst zu 12 Jahren Zwangsarbeit nach Transbaikalien verbannt. Auf Grund seiner Ausbildung – er hatte in den 1850er Jahren in Dorpat, Breslau und Berlin studiert – besa? er auch gute grundlegende medizinische Kenntnisse. Diese waren in dem unterentwickelten Gebiet hinter dem Baikalsee zu dieser Zeit Mangelware. So gelang es Dybowski schnell, durch meist kostenlose Behandlungen von Kranken gro?es Ansehen und die Unterstützung der politisch Verantwortlichen zu erlangen. Dabei lernte er ein ausgedehntes Gebiet zwischen Amur und Baikalsee kennen.

Dybowski nutzte seine geschickt ausgehandelte Reisefreiheit für eigene zoologische Forschungen, die ihn bald europaweit berühmt machten. Ganz im Geiste des Positivismus war er unermüdlich als akademischer ?J?ger und Sammler“ t?tig und trug so umfangreiche Belegexemplare landestypischer Vogelarten und Kleins?uger zusammen, die er oft über einen 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网mann in Warschau an diverse Museen Europas schickte. Nebenbei zeichnete er auch seine Beobachtungen über die Lebensumst?nde in Transbaikalien auf. Bleibende Berühmtheit erlangte er jedoch für seine Pionierforschungen zur Fauna des Baikalsees; im Winter 1876/1877 untersuchte er mit primitivem, selbst hergestelltem Ger?t die in den Tiefen des Sees lebenden Organismen. Sein gesammeltes Wissen brachte ihm so gro?e Anerkennung in russischen Wissenschaftskreisen ein, dass man ihm die Rückkehr in die polnische Heimat gestattete. 1884 erhielt er einen Ruf auf den neu gegründeten Lehrstuhl für Zoologie in Lemberg (heute L’viv), den er bis zu seiner Emeritierung innehatte.

Dybowskis sibirische Memoiren auf Deutsch

Kurz vor Dybowskis Tod erschienen 1930 seine Erinnerungen an die in Sibirien verbrachten Jahre. Sie sind bis heute ein wichtiges Zeugnis für den gro?en Beitrag, den Verbannte wie Dybowski zur Erschlie?ung und Erforschung der Baikalregion geleistet haben. Bisher waren sie jedoch leider nur im polnischen Original – einem in niedriger Auflage gedruckten umfangreichen Buch – und in einer russischen Teilübersetzung zug?nglich. Wegen der inhaltlichen und sprachlichen Komplexit?t stellt der Text h?chste Anforderungen an deutsche ?bersetzer. Im Rahmen eines Unterrichtsprojekts wurden Teile der Sibirien-Erinnerungen von rund 65 Polonistikstudierenden der Universit?ten Bamberg, Dresden und K?ln in monatelanger Arbeit ins Deutsche übertragen. Ein Teil dieser faszinierenden ?bersetzungen soll nun im Internet einem gr??eren Publikum zug?nglich gemacht werden.

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