Neue Bildungsans?tze für ein neues Erdzeitalter
Digitalisierung, Klimawandel, Extremismusbek?mpfung – das sind heute und in der Zukunft die zentralen Baustellen in der politischen Bildung. Doch wie k?nnen diese angegangen werden? Ein Angebot macht Dr. Werner Friedrichs, selbstst?ndiger Fachvertreter der Didaktik für Politik und Gesellschaft an der Universit?t Bamberg: Er denkt die Grundlagen der Politischen Bildung in Anbetracht der Krisen des Anthropoz?ns, also des neuen Erdzeitalters, grundlegend neu. Dafür hat er kürzlich den ?Walter-Jacobsen-Preis“, den renommiertesten deutschsprachigen Preis für Politische Bildungsforschung verliehen bekommen.
Das Anthropoz?n und seine Bedeutung für die politische Bildung
Seit einigen Jahren diskutieren führende Forschungspers?nlichkeiten der Geologie, Erdsystemwissenschaften, Sozial- und Kulturtheorie ausgiebig die Frage, ob wir in einem neuen Erdzeitalter leben, das ma?geblich durch den Einfluss des Menschen gepr?gt ist: das Anthropoz?n. In nur wenigen Jahrzehnten ist es dem Menschen gelungen, alle entscheidenden Gr??en der Erdsysteme messbar zu ver?ndern. Dazu z?hlen etwa der Klimawandel, die Versauerung der Meere oder das rapide Artensterben. Aus diesem ma?geblichen Einfluss leitet sich auch eine Verantwortung des Menschen für die Zukunft des Planeten ab. Der Mensch muss seine Stellung zu der Welt, die ihn umgibt, neu überdenken.
Wie kommt hier die Politische Bildung ins Spiel? ?Einst wurde Politische Bildung als Staatsbürgerkunde verstanden, bei der den Menschen Wissen eingetrichtert wird. Und auch heute sehen wir noch Effekte dieses eigentlich l?ngst überwundenen Verst?ndnisses“, erkl?rt Werner Friedrichs. ?In dieser Tradition steht der Mensch der Welt gegenüber. Damit l?uft man Gefahr, die Menschen zu passiven Zuschauerinnen und Zuschauern zu erziehen. Doch der Mensch ist zu seiner eigenen Umwelt geworden.“ W?hrend konventionelle Politische Bildung den Menschen also wie auf einer Kommandobrücke gegenüber der Welt betrachtet, stellen die Forschungsergebnisse von Werner Friedrichs diese Vorstellung als unzul?ngliche Gegenüberstellung von Mensch und Umwelt in Frage. Politische Bildung wird im Werk des Bamberger Bildungsforschers vor dem Hintergrund der Aufhebung der Unterscheidung von Natur und Kultur gedacht.
Ein neues Selbst-Welt-Verst?ndnis
Um den Herausforderungen des neuen Erdzeitalters zu begegnen, hat Friedrichs gegenw?rtige Theorien aus verschiedensten Wissenschaften für die politische Bildung erstmals aufgeschlossen und dabei zugleich praktisch erfahrbar gemacht: in kulturellen und künstlerischen Projekten mit international renommierten H?usern und Akteuren, Performance-Experimenten im regul?ren Seminargeschehen, Exkursionen in urbanen R?umen und in reger Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung. So hat etwa bereits mehrfach in Bamberg und Hamburg eine Stadtführung mit Studierenden und dem Performance-Duo ?JAJAJA“ stattgefunden, die die Teilnehmenden dazu anregte, ein anderes Selbst-Welt-Verh?ltnis zu erfahren. Alltagspraktiken und Lebensformen wurden auf ihre Effekte für die Weltsicht untersucht: Wie stellt sich sie Welt anders dar, wenn man sich etwa anders bewegt oder anders einkauft?
Werner Friedrichs erh?lt Walter-Jacobsen-Preis
Friedrichs Forschungsleistung wurde mit der h?chsten Auszeichnung gewürdigt, die im deutschsprachigen Raum für Arbeiten im Bereich der Politischen Bildung verliehen wird. Als weiterer Preistr?ger wurde der Rassismusforscher Prof. Dr. Karim Fereidooni ausgezeichnet. Die Deutsche Vereinigung für Politische Bildung (DVPB) vergibt alle drei Jahre den mit 1.500 Euro dotierten ?Walter-Jacobsen-Preis“. Bei der Preisvergabe ist die Leitfrage ma?geblich, wie das hehre Ziel erreicht werden kann, dass sich Jugendliche zu selbst?ndigen Pers?nlichkeiten mit politischer Urteilskraft entwickeln und in erh?htem Ma?e bereit sind, sich in Staat und Gesellschaft verantwortlich und engagiert einzubringen.
?Werner Friedrichs arbeitet die Diagnose des Anthropoz?ns systematisch auf und entwickelt ein g?nzlich neues Bildungsverst?ndnis, das auf der Reflexion unseres In-der-Welt-Seins fu?t. Auf dieser Basis entwickelt er Verfahren und Methoden für die Politische Bildung, die zudem eine fruchtbare Verschr?nkung mit kultureller Bildung in innovativen Projekten ergibt“, hob der Laudator Prof. Dr. Alexander Wohnig, Juniorprofessur für Didaktik der Sozialwissenschaften an der Universit?t Siegen, die herausragende Leistung des Preistr?gers hervor.
Bild: Werner Friedrichs hat den Walter-Jacobsen-Preis für seine Forschungsleistung im Bereich der Politischen Bildung erhalten.
Quelle: privat
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