Die neue Position bringt mehr Verantwortung mit sich
Bewusst hat sich Prof. Dr. Dr. Dr. Peter Riedlberger die Welterbestadt Bamberg für sein erstes Projekt ausgesucht. Seit 2015 ist er an der Universit?t besch?ftigt und hat in den vergangenen Jahren zwei ERC-Forschungspreise in H?he von insgesamt rund 3,5 Millionen Euro erhalten. Die Grants des European Research Council (ERC) gelten unter anderem wegen des strengen Auswahlverfahrens als prestigetr?chtigste individuelle Forschungspreise. Seit dem Sommersemester 2021 hat Peter Riedlberger nun die Professur für Geschichte und Kultur der Sp?tantike inne. Im Interview erz?hlt der 48-J?hrige unter anderem von den Eindrücken, die er in den vergangenen Jahren an der Universit?t Bamberg sammeln konnte, und warum seine neue Position mehr Verantwortung mit sich bringt. Au?erdem verr?t er, wie es dazu kam, dass er drei Doktortitel in ganz unterschiedlichen Bereichen – Lateinische Philologie, Wissenschaftsgeschichte und Jura – erworben hat.
Sie sind ja bereits seit 2015 an der Universit?t Bamberg besch?ftigt. K?nnen Sie sich noch erinnern, wie damals Ihr erster Eindruck von der Universit?t und Stadt Bamberg war?
Peter Riedlberger: Das erste Mal in Bamberg war ich viel früher, als Tourist, der sich das Weltkulturerbe anschaute und wie jeder andere Besucher von der Sch?nheit der Stadt begeistert war. Auch die Verbindung zur Universit?t ist ?lter: Bereits seit Anfang 2013 stand ich in 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网. Damals plante ich einen gro?en Antrag, aus dem letztlich der ERC Starting Grant wurde, und kontaktierte mehrere Universit?ten, zu deren Ausrichtung dieses Projekt gepasst h?tte. In Bamberg organisierte man umgehend einen Termin mit dem damaligen Dekan und allen direkt betroffenen Gelehrten. Ich wurde buchst?blich mit offenen Armen aufgenommen, und bereits nach dem ersten Termin bestand für mich kein Zweifel, den Antrag für Bamberg einzureichen.
Was hat sich seitdem ver?ndert?
Ich bin froh und erleichtert, dass ich zwischenzeitlich die Erwartungen der Universit?t – die ja sozusagen ab Anfang 2015 in mich investiert hatte – mit zwei ERC-Grants und ein paar weiteren erfolgreichen Antr?gen erfüllen konnte. Was meinen Blick auf die Universit?t angeht, so hat sich mein Enthusiasmus vom ersten Tag bis heute nicht ge?ndert. Dafür gibt es einerseits strukturelle Gründe, andererseits personenabh?ngige.
Welche Gründe sind das zum Beispiel?
Weil Bamberg eine mittelgro?e Universit?t ist, sind die Wege kurz. Anders als an anderen Universit?ten ist daher etwa die Hochschulleitung nicht eine entrückte Instanz; vielmehr ist eine unmittelbare und effiziente Kommunikation stets m?glich. Auch der klare Fokus ist in meinen Augen sehr vorteilhaft. Die Tatsache, dass die Geisteswissenschaften gr??tenteils in der pittoresken Innenstadt untergebracht sind, ist ebenfalls ein gro?es Plus. Dazu kommt, was ich vorhin ?personenabh?ngig“ nannte: Es ist ein gro?es Glück, nette Kolleginnen und Kollegen zu haben, mit denen man sich hervorragend versteht. Das Gleiche gilt für die anderen Angeh?rigen der Universit?t, nicht-wissenschaftlich wie wissenschaftlich. Aber das h?ngt natürlich wirklich an den konkreten Personen. Ich bin froh, dass sich in dieser Hinsicht seit 2013 nichts ver?ndert hat.
Was bringt die neue Position für Sie für ?nderungen mit sich?
In erster Linie wesentlich mehr Verantwortung. Solange man nur Forschung betreibt, kann man nur sich selbst blamieren, wenn man grob danebengreift. Fehler sind aber verheerend, wenn man über das Schicksal anderer Leute (mit-)entscheidet. Das betrifft nicht nur den offensichtlichen Fall der Notenvergabe bei der Lehre, sondern auch die Gutachtert?tigkeit, zu der ich nunmehr erheblich ?fter herangezogen werde. Ich habe selbst jahrelange Erfahrung damit, nach einem mühsam erstellten Antrag darauf zu warten, dass irgendeine unbekannte Instanz den Daumen hebt oder senkt. Jetzt, nach dem Rollentausch, will ich dieser Verantwortung voll gerecht werden, ohne dabei von wissenschaftlichen Standards abzuweichen.
Sie haben drei Doktortitel in ganz unterschiedlichen Bereichen erworben. Wie kam es dazu?
Das ist eine l?ngere Geschichte. Die Kurzversion: Zwischen 2000 und 2010 war ich au?erhalb des universit?ren Betriebs im IT-Bereich t?tig, wo mir relativ viel Freizeit für ?nerdy“ Interessen – sprich Altertumswissenschaften – blieb. Aus diesem Jahrzehnt stammen die Grundlagen für alle drei Promotionen. Da ich in dieser Zeit keinen Gedanken an eine Rückkehr an die Universit?t hatte – mithin also eine Habilitation sinnlos gewesen w?re –, ich andererseits sehr viel Spa? an ganz unterschiedlichen Teilgebieten antiker und vor allem sp?tantiker Kultur hatte, nahm ich mir immer neue Projekte vor.
Zu welchen Schwerpunkten forschen Sie?
Derzeit und mindestens die n?chsten fünf Jahre lang, allein schon wegen des neuen ERC-Grants, besch?ftige ich mich vor allem mit sp?tantiken Konstitutionen. Das sind die Texte, mit denen man in dieser Zeit Gesetze erlassen hat, die aber so gar nicht zu unseren Vorstellungen von Normen, also kurz, pr?gnant, klar, zumindest für den Juristen eindeutig, passen wollen. Es sind vielmehr lange, kunstvoll verfasste, oft obskure Kompositionen, denen man sich aus verschiedenen Blickwinkeln – natürlich juristisch, aber auch linguistisch, literaturwissenschaftlich und anderen – n?hern muss.
K?nnen Sie von einem besonders spannenden Forschungsprojekt berichten?
Das in der letzten Frage erw?hnte gro?e Projekt zu den Konstitutionen finde ich deswegen so interessant, weil darin sehr viele Teilbereiche der Altertumswissenschaft zusammenkommen: Teils müssen die Konstitutionen von den Handschriften ediert werden, teils sind sie nur in Inschriften erhalten. Ihr Verst?ndnis erfordert Kompetenzen in Recht und Philologie, der Prosarhythmus wird durch Software ausgewertet. Ihre langen Einleitungen erm?glichen uns einzigartige Einblicke in die Themen, die die kaiserliche Zentrale in entlegene Regionen kommunizieren wollte.
Wann und wie haben Sie Ihre Begeisterung für die Sp?tantike entdeckt?
Das war, glaube ich, im Verlauf meines zweiten Studiensemesters. Ich las damals sehr breit über die Antike, wie man das halt so macht ganz am Anfang. Die Sp?tantike ist einerseits noch ganz Antike, andererseits steht ein enormer Reichtum an Quellen zur Verfügung, der noch der Auswertung harrt.
Warum sollte man Ihrer Meinung nach heute Ihr Fach studieren?
Wie bei fast allen geisteswissenschaftlichen F?chern gibt es keinen direkten Anwendungsfall für das Studium der Sp?tantike. Es muss klar sein, dass ein Berufseinstieg weniger geradlinig und wom?glich auch weniger einfach ausfallen wird als mit einem unmittelbar berufsvorbereitenden Fach. Kann man damit leben, bietet sich das Studium der Sp?tantike dann an, wenn man am Altertum und seinen beiden Sprachen viel Spa? hat und gern forschungsorientiert arbeitet. Denn in der Sp?tantike sind noch viele Entdeckungen zu machen.
Vielen Dank für das Interview!