Festakt 2012

F?rderung statt Quote?

 

Frauenbeauftragte ehrten Absolventinnen und Wissenschaftlerinnen

 

Seit mehr als zwei Jahrzehnten gibt es an der Universit?t Bamberg systematische Frauenf?rderung. In einem Festakt feierten die Universit?tsfrauenbeauftragten nun die wissenschaftliche Leistung von insgesamt 23 Frauen, die mit verschiedenen Bamberger Programmen gef?rdert wurden.

Ist das überhaupt noch zeitgem??? Diskriminieren wir damit nicht die M?nner? Z?hlt das Geschlecht denn mehr als die F?higkeiten? Solche Fragen – vielmehr: solche Befürchtungen – begegnen in der Debatte um Frauenf?rderung immer wieder. Als Privatperson kann jeder sicherlich unterschiedliche Standpunkte vertreten. Eine Universit?t ist jedoch an Gesetze gebunden. Die gesetzliche Grundlage für Frauenf?rderung in der Wissenschaft ist eindeutig und in Artikel 4 des Bayerischen Hochschulgesetzes festgelegt. Die bayerischen Universit?ten werden darin verpflichtet, bestehende Nachteile zu beseitigen, um den Anteil von Frauen in allen Qualifikationsebenen zu steigern. Die Universit?t Bamberg hat vor 24 Jahren begonnen, die Chancengleichheit von Frauen zu erh?hen, der Festakt war damit auch eine Gelegenheit, zurückzublicken.

?Auf allen Ebenen Anreize zur Qualifikation schaffen“

?Heute haben wir gleich dreifach Anlass zum Feiern, denn wir ehren 23 Frauen auf allen Qualifikationsebenen in drei unserer F?rderprogrammen“, begrü?te Universit?tsfrauenbeauftragte Prof. Dr. Margarete Wagner-Braun die G?ste zum ?Festakt Frauenf?rderung“ am 12. Dezember. Drei Absolventinnen bekamen den PUSh-Preis für ihre Abschlussarbeiten, 15 Nachwuchswissenschaftlerinnen schlossen ihr Mentoring-Programm ferNet ab und 5 publizierten im Rahmen des Kolloquiums ?Forschende Frauen in Bamberg“ erste Forschungsergebnisse.

Pr?sident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert bescheinigte allen diesen Ma?nahmen einen Push-Effekt, den er dem Pull-Effekt vorziehe. ?Man muss von unten anfangen, Qualifikationen zu f?rdern und zu pushen, auch wenn sich das im ersten Moment wie eine Vertr?stung anfühlt. Ein Pull-Effekt entsteht, wenn man Quoten für Qualifikationsstufen von oben herab erfüllen m?chte. Das funktioniert nur kurzfristig“, erkl?rte er. Dadurch treffe man Personalentscheidungen wegen des Geschlechts, ohne die tats?chliche Eignung ausreichend zu berücksichtigen. ?Stattdessen sollten wir auf allen Ebenen Anreize zur Qualifikation schaffen.“

Frauen arbeiten h?ufiger auf prek?ren Stellen

Die Universit?t soll und will sich jedoch nicht nur ans Hochschulgesetz anlehnen, sie hat auch die Zahlen und Fakten fest im Blick, die belegen, dass aktuell noch keine Chancengleichheit besteht und arbeitet aus ?berzeugung kontinuierlich daran, die Situation zu verbessern. Einige davon lieferte die Vizepr?sidentin für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs Prof. Dr. Astrid Schütz in ihrem Festvortrag: Sie weist darauf hin, dass noch immer eine gro?e Diskrepanz zwischen dem Anteil an Studentinnen und dem Anteil an Professorinnen besteht. In der Fakult?t Huwi gibt es 82,5 Prozent Studentinnen, aber nur 43,5 Prozent Professorinnnen, in der Fakult?t SoWi 49,6 Prozent Studentinnen und 26,2 Prozent Professorinnen, in der Fakult?t GuK stehen 71,3 Prozent Studentinnen nur 32,9 Prozent Professorinnen gegenüber. In der Fakult?t WIAI, in der ohnehin nur 21,2 Prozent Studentinnen immatrikuliert sind, gibt es 7,7 Prozent Professorinnen. Besonders unausgewogen sei das Verh?ltnis bei den am besten besoldeten W-3-Professuren, erkl?rte Schütz.

Ob Frauenf?rderung etwas daran ?ndert? Ein zeitlicher Zusammenhang darf natürlich nicht mit einem kausalen verwechselt werden, aber einige Zahlen sprechen dafür. In den Anfangsjahren der Universit?t habilitierten sich 23 M?nner innerhalb von 13 Jahren, aber nur eine Frau (4 Prozent). Seit dem Jahr 1990, also etwa seit Beginn der Frauenf?rderung, stieg der Anteil auf immerhin knapp 30 Prozent der 135 Habilitationen. ?Fast ein Drittel dieser Frauen wurde von den Frauenbeauftragten auf ihrem Weg dorthin durch ein Stipendium oder einen Werkvertrag unterstützt“, so Schütz. Mit F?rderprogrammen habe man 19 Absolventinnen mit einer Anschubfinanzierung die Promotion erm?glicht, 57 Doktorandinnen in der Endphase der Promotion unterstützt, 55 Postdoc-Projekte gef?rdert und 3 Stipendien für Habil- oder Post-Habil-Projekte vergeben. ?Dass nur drei vergeben wurden hei?t nicht, dass es in dieser Karrierephase keine Probleme mehr gibt", erkl?rte die Vizepr?sidentin. ?Derartige Stipendien sind deswegen so wichtig, weil nach den Befunden einer aktuellen Studie dreiviertel der Professoren aber nur die H?lfte der Professorinnen vor ihrer Berufung auf einer universit?ren Qualifikationsstelle besch?ftigt war. Die übrigen mussten sich mit Projektstellen und Stipendien über Wasser halten."

Eine Starthilfe auf dem Weg in die Wissenschaft

Die Frauenbeauftragten der Universit?t haben in den letzten Jahren verschiedene Ma?nahmen ins Leben gerufen, um die Chancengleichheit für Wissenschaftlerinnen zu erh?hen. Im Sommersemester 2008 starteten sie das Kolloquium Forschende Frauen in Bamberg. Es bietet jungen Wissenschaftlerinnen die M?glichkeit, ihre Forschungsprojekte vorzustellen, sich zu vernetzen und ?zu Beginn einer wissenschaftlichen Karriere ein Forum zu finden, das es erlaubt, die eigenen Thesen sicher vorzutragen und Fragen souver?n beantworten zu k?nnen“, erkl?rte die stellvertretende Universit?tsfrauenbeauftragte Prof. Dr. Iris Hermann das Konzept.

Die besten Vortr?ge werden publiziert: Im aktuellen fünften Band diskutiert die Politologin Iris Reus die Gesetzgebung in den Bundesl?ndern nach der F?deralismusreform am Beispiel des Nichtraucherschutzgesetzes. Die Wirtschaftsingenieurin Helena Prei? entwickelt neue Modelle und Methoden von Dienstleistungen für die Logistikbranche. Die Anglistin Alexandra Wolf untersucht das Motiv des Green Man in der britischen Erz?hlprosa des 20. Jahrhunderts. Die Psychologin Ilona Weixelbaum stellt ein Training zur Teamreflexion vor und untersucht seine Effekte. Die Vorteile einer prozessorientierten Unternehmensführung stellt Wirtschaftsp?dagogin Li Xiang heraus. ?Forschende Frauen sind auch forsche Frauen, die ihren Weg in die Wissenschaft gehen und deren Weg wir ein Stück weit begleiten“, so Hermann.

Die Referentin der Frauenbeauftragten Johanna Bamberg-Reinwand übergab den mit je 500 Euro dotierten PUSh, den Preis der Universit?tsfrauenbeauftragten für Studentinnen mit hervorragenden Leistungen, der seit 2007 vergeben wird. Die Turkologin Barbara Henning untersuchte in ihrer Abschlussarbeit die Geschichte einer kurdischen Stammesgruppe in der osmanisch-iranischen Grenzregion. Die Lehramtsstudentin Elisabeth Prei? analysierte ?Menschenrechte und ihre Bedeutung in der Russischen-Orthodoxen Kirche“. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Lisa Maria Zimmermann gewann theoretische und empirische Kenntnisse über ?Gesch?ftsmodelle junger Unternehmen“.

Das neueste Frauenf?rderungsprojekt ist das Mentoring-Programm feRNet, das female Researcher Network. Das von Rosemarie Fleck koordinierte Programm richtet sich, wie Prof. Dr. Ada Raev erkl?rte, an fortgeschrittene Doktorandinnen, Post-Doktorandinnen und Habilitandinnen, die eine akademische Karriere anstreben. Sie erhalten damit ein Netzwerk mit wissenschaftlich erfahrenden Personen au?erhalb der eigenen Universit?t. Im April 2011 gestartet, beendeten nun 15 junge Wissenschaftlerinnen das Programm zur individuellen Karrieref?rderung. Für Astrid Schütz ein weiteres Indiz für die Wirksamkeit gezielter Frauenf?rderung: ?In den Absolventinnen und Absolventen unserer Universit?t und unserer Programme steckt unerh?rtes Potenzial. Dieses Potenzial müssen wir nutzen.“ Im Bereich des wissenschaftlichen Nachwuchses sei Frauenf?rderung derzeit noch unverzichtbar.