Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in der SBZ und sp?ter in der DDR eine Zentralverwaltungswirtschaft etabliert, die zahlreiche Auswirkungen auf zuvor bestehende Berufsbilder und Formen der Arbeitsorganisation hatte. So wurden in den 1950er Jahren private Architekturbüros weitgehend abgeschafft. Stattdessen übernahmen Architektur- und Planungskollektive in verstaatlichen Betrieben den Entwurfsprozess. Dieser Systemwechsel hatte einerseits weitreichende Folgen für Arbeitsprozesse und Selbstverst?ndnisse von Planer*innen in der DDR und andererseits beeinflusste die Verstaatlichung auch die produzierte Architektur sowie deren sp?tere Bewertung. Mit diesem breiten Themenkomplex besch?ftigt sich das durch die DFG gef?rderte Projekt in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS). Ziel ist es, sowohl einen Beitrag zur Geschichte der Kollektivierung der Planung in der DDR zu liefern, als auch die Dynamik kollektiver kreativer Prozesse in Hinblick auf die entstandenen Objekte und in ihren Auswirkungen bis in die Gegenwart zu untersuchen. Die Analyse der komplexen Arbeitsprozesse soll so zu einer Neubewertung des architektonischen Schaffens im Kollektiv in der DDR führen.
Bamberger Teilprojekt: Kreative Prozesse
Das in Bamberg angesiedelte Teilprojekt nimmt in besonderer Weise die kreativen Prozesse und Fragen nach Formen von Autorschaft in den Planungskollektiven in den Blick. Dabei entwickelt das Bamberger Forschungsteam eine Darstellungsform, die die Planungskollektive als kreative Gruppen begreift, die Architektur gestalten. Dagegen orientieren sich tradierte Narrative in der Kunstgeschichtsschreibung oftmals an der Darstellung von Einzelpers?nlichkeiten und ihrem charakteristischen Werk. Insofern leistet das Projekt einen Beitrag dazu, neue Perspektiven auf die Auswirkungen der kollektiven Gestaltung von Architektur in der DDR zu werfen und knüpft gleichzeitig an gr??ere Forschungskontexte rund um eine Reflexion der Konzepte Autorschaft und Kreativit?t an.
Durchgeführte Tagungen
?Die gro?e Kraft des Kollektivs!" Kollaboratives Arbeiten in der Architektur vom 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Universit?t Bamberg, 17.-18.September 2021.
Vortr?ge aus dem Projekt
- Sophie Stackmann: The artist is present? - Creativity and authorship in the perception of architects collectives of the GDR.
- Stefanie Brünenberg: Einer für alles und alle für das Bauwerk? Netzwerke der Architektenkollektive in der DDR.
Publikationen
Bücher
Brünenberg, Stefanie/Engler, Harald Fordtran, Dirk/Herold, Stephanie/Stackmann, Sophie/Wilks, Scarlett: Das Kollektiv. Formen und Vorstellungen gemeinschaftlicher Architekturproduktion in der DDR, Berlin 2022.
Engler, Harald / Herold, Stephanie / Wilks Scarlett (Hrsg.): Kollektiv und Kollaborativ. Positionen gemeinschaftlichen Arbeitens in der Architektur und Planung vom 20. Jahrhundert bis zu Gegenwart, Bamberg 2022 (open access).
Aufs?tze
Herold, Stephanie: Architecture and the Collective: Structures and Processes of Architectural Work in the GDR, Architectural History 65 (2022), im Druck.
Herold, Stephanie / Stackmann, Sophie: Gemeinsam R?ume schaffen. Facetten kollektiven Arbeitens in Architektur und Planung (zusammen mit Stephanie Herold), in: Journal of Literary Theory, Heft 1, 2022, S. 150–173.