Sp?tantike und frühes Mittelalter in Raetien: Ausgrabungen im Bereich der Stiftskirche "Zur Alten Kapelle" in Regensburg
2011 führte unsere Professur gemeinsam mit der Professur für Denkmalpflege (Prof. Dr. Achim Hubel) eine Lehr- und Forschungsgrabung im Bereich der ?Stiftskirche Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle" in der Regensburger Altstadt durch. Die Kirche wurde in karolingischer Zeit errichtet und gilt als eines der wenigen frühmittelalterlichen Geb?ude in der Regensburger Altstadt. Der ungew?hnliche, westlich der Kirche frei stehende Campanile war Gegenstand unserer Untersuchungen, da er topographisch und baugeschichtlich eine Schlüsselrolle einnimmt. Der in seiner Bautechnik au?ergew?hnliche karolingerzeitliche Turm, der von Katrin Sch?ning im Rahmen ihrer Masterarbeit im Studiengang Denkmalpflege – Heritage Conservation der Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg untersucht wurde, besteht bis zu einer H?he von etwa 18 m aus r?mischen Kalksteinquadern in Zweitverwendung, die teilweise noch in r?mischer Technik ohne M?rtel gesetzt waren. Damit stellte sich die Frage, ob diese Mauerpartien eventuell bereits in r?mischer Zeit in einem Bauverband standen. Aus dieser Fragestellung heraus entstand das Projekt einer arch?ologischen Grabung in interdisziplin?rer Zusammenarbeit der Professur für Arch?ologie der R?mischen Provinzen (Michaela Konrad) und der Professur für Denkmalpflege (Achim Hubel).
In einer Grabungskampagne konnten in einer etwa 20 m2 gro?en Grabungsfl?che Strukturen freigelegt werden, die von der Gründungszeit des Legionslagers bis in die frühe Neuzeit reichen. In dichter Folge liegen in einem 3,64 m m?chtigen Schichtpaket ann?hernd 160 Befunde vor. Neben Gehhorizonten aus r?mischer Zeit handelte es sich um Gruben, die vermutlich mit jüngeren Bauma?nahmen am Turm im Zusammenhang stehen, Schutt- und Brandschichten, Abfallschichten, Reste einer r?mische Heizanlage, Mauern aus verschiedenen Epochen und mittelalterliche Gr?ber. Das Turmfundament wurde auf eine L?nge von 5 m bis zum anstehenden Lehm erfasst. Eine hochkomplizierte Stratigraphie belegt die epochenübergreifende intensive Baut?tigkeit in diesem Areal. Die fein dokumentierte Schichtenmatrix wird zusammen mit den stratifizierten Funden eine zuverl?ssige Bauabfolge sowohl für die Befunde südlich der Fundamentmauer wie auch für deren Bezug zur Mauer selbst erbringen.
Die zentrale Fragestellung des Projektes ist, ob in der Sp?tantike ein Binnenkastell bestand sowie ob und inwiefern die r?mische Herrschafts- und Wehrarchitektur die Grundlage für die Entwicklung des Nordostsektors zum mittelalterlichen Residenzareal bildet. Schlie?lich ist die Frage relevant, welchen Einfluss die in Regensburg verbliebenen Romanen auf die mittelalterliche Architektur hatten und welche Handwerker den Campanile errichteten.